Michael Grabner ist Experte für Holz und Mitarbeiter am Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe der BOKU Wien. Er forscht seit 2002 im Salzkammergut und untersucht unter anderem Hölzer aus dem Hallstätter Salzberg. Dazu wendet er die Methode der Dendrochronlogie an, die mit dem Vergleich von Jahrringbreiten-Serien jahrgenaue Datierungen gewinnt. Dabei wird aus den Jahrringbreiten, die von mehreren Hölzern derselben Gattung gebildet werden, ein Muster von breiten und schmalen Jahrringen ermittelt, das eine Abfolge von guten und schlechten klimatischen Jahren aufzeigt.
Als ich die ersten Proben der Pfähle aus der Unterwasser-Ausgrabung Seewalchen an die BOKU brachte, habe ich die Gelegenheit gleich genutzt, Michael ein paar Fragen zu stellen.
CL: Was machst Du mit den Proben, wenn sie zu Dir gebracht werden? Müssen Proben aus Feuchtböden oder aus dem Wasser anders für die Untersuchung vorbereitet werden als andere Holzproben?
MG: Die wenigsten Hölzer sind so perfekt erhalten wie jene, die aus dem Salzbergwerk von Hallstatt zu uns kommen. Die Konservierung im Salzberg ist derart gut, dass man Holz von dort, das mehrere Tausend Jahre alt sein kann, kaum von heutigem Material unterscheiden kann. Von diesen Hölzern können wir einfach Bohrkerne entnehmen, diese fein schleifen und anschließend unter das Mikroskop legen.
Bei den Funden aus Seewalchen ist das nicht so einfach, denn deren Zellen sind ja nicht mehr intakt. Eigentlich erhalten ist dort nur noch die Zellstruktur. Ein großer Teil der Zellmasse ist vergangen und durch Wasser ersetzt worden. Deshalb dürfen die Proben auch nicht austrocknen. Sie würden sonst auf ein Drittel oder sogar ein Viertel ihres Volumens schwinden und wären damit nicht mehr bestimmbar. Wenn wir solche Hölzer untersuchen wollen, müssen wir sie vorher einfrieren. Wenn das Wasser in den Zellen gefroren ist, können wir auch bei solchen Hölzern die Oberfläche entsprechend aufbereiten.
CL: Ich weiß durch den Stiegenblog von den Holzproben aus Hallstatt, dass die Proben aus dem Bergwerk sich trotz ihrer guten Erhaltung nicht so einfach bestimmen lassen, weil in Hallstatt ein besonderes Mikroklima herrscht und es daher an Vergleichskurven fehlt. Ist das einfacher bei den Funden vom Attersee?
MG: Nein, leider nicht. Auch für die Funde aus Oberösterreich gibt es keine passenden Vergleichskurven. Die Kurven aus klimatisch passenden Regionen, die wir nun haben – aus Hallstatt und generell vom Dachstein – sind nicht alt genug. Sie reichen nicht in die Zeit vor 1475 v. Chr. zurück. Und mit den Pfahlbauten bewegen wir uns da ja in einer deutlich früheren Zeit. Solche älteren Kurven gibt es zwar auch aus Österreich, aber die stammen alle aus dem hochalpinen Raum.
CL: Ist das denn so ein großer Unterschied?
MG: Ja, da herrscht ein ganz anderes Klima und in der Folge sind die Zuwachsverhältnisse, an Hand derer wir die Jahre ja bestimmen, ganz anders. Deshalb sind die Funde aus den Pfahlbausiedlungen im Attersee und im Mondsee für uns ja auch so interessant, denn mit ihnen lassen sich diese Vergleichskurven erarbeiten.
CL: Was ist mit Vergleichen aus den Nachbarländern?
MG: Vergleichskurven kommen aus dem Süddeutschen Raum, z. B. vom Federsee oder aus der Schweiz vom Zürichsee. Für die Funde aus dem Attersee können wir uns auch an die Kurven aus Hemmenhofen anlehnen.
CL: Worauf freust Du Dich besonders bei der Untersuchung des Materials aus Seewalchen?
MG: Ich habe schon bei den Proben aus den Voruntersuchungen gesehen, dass da Pappel, Weide, Esche und Kiefer dabei sind. Pappel, Weide und Esche aus dieser Zeit haben wir noch nie bearbeitet. Die Pappeln und Weiden hatten leider nicht genug Jahrringe, um das Alter sicher über Dendrochronologie bestimmen zu können. Wir brauchen ja Stämme mit mindestens 30 Jahrringen, besser 50, sonst können wir sie nicht einordnen. Die Proben von Kiefer und Esche aus den Voruntersuchungen waren aber messbar und ich bin deshalb schon sehr gespannt auf das gesamte Probenmaterial aus der Unterwasser-Ausgrabung.
Neuen Kommentar schreiben