Unsere Grabungsmannschaft hat auch für den zweiten Teil der diesjährigen Grabungskampagne ihr Quartier in Schörfling am Attersee bezogen. Schörfling ist eine Marktgemeinde im Norden des Attersees und eine der Nachbargemeinden Weyreggs. Der Ort hat rund dreieinhalb Tausend EinwohnerInnen und grenzt unmittelbar an Seewalchen, in deren Gemeindegebiet sich unsere UNESCO-Welterbestätte Litzlberg Süd befindet. Wir bewohnen dort wieder mehrere Ferienwohnungen im Haus Neumayer, wo wir uns schon im letzten Jahr und auch dieses Frühjahr sehr wohl gefühlt haben.
Für den Weg von unserer Unterkunft in die provisorische Forschungsbasis in Weyregg brauchen wir etwa 10min. Wir beginnen morgens nicht um 8.00Uhr mit der Arbeit. Meist muss nämlich noch wer in ein Geschäft und etwas zu Essen besorgen oder der Tank des Forschungsbootes muss gefüllt werden u.v.m. Bevor wir uns da stressen, fangen wir lieber 15min später an und machen abends dafür ein wenig länger – wobei wir eh nie nach acht Stunden fertig sind, aber das ist wohl bei fast allen Grabungen so.
Die provisorische Forschungsbasis haben wir im Strandbad Weyregg einrichten dürfen. Dort beginnt der Arbeitstag stets mit der Einsatzbesprechung. Manchmal mit und manchmal ohne eine augenscheinlich archäologisch sehr interessierte Katze aus der Nachbarschaft. Bei der Einsatzbesprechung werden vor allem die Arbeiten unter Wasser genau durchgesprochen, aber auch der Bedarf an Plänen und die benötigten Informationen für die Fundverwaltung und die Dokumentation. Das Tauchteam - diesmal ausnahmsweise ein rein männliches - kontrolliert anschließend die Ausrüstungen und gemeinsam mit dem Dokumentationsteam seine Infos auf den Klemmbrettern, die zur Grabungsstelle mitgenommen werden.
Durch die Sprechfunkmasken ist zwar theoretisch auch eine Kommunikation mit der Basis zumindest über Umwege möglich, aber das wäre noch immer sehr umständlich. Mal eben nach einer Fundnummer fragen oder nachschauen, was für eine Pfahlnummer noch frei ist, geht also nicht. Jeder Taucher hat daher für verschiedene Fundgattung ein gewisses Nummernkontingent zur Verfügung, das er in der Basis vom Dokumentationsteam bekommt. Die Kontingente werden auf einem Skizzenblatt notiert, wo auch Koordinaten von Sonderfunden, Pfählen und allem anderen eingetragen werden, dessen genaue Lage wir festhalten müssen.
Zu Mittag kehren die Taucher in die Basis zurück. Die ersten Funde des Tages werden mitgebracht und das Dokuteam macht eine Zwischenkontrolle zu den vergebenen Nummern, während die Taucher sich umziehen und aufwärmen. Es ist zwar momentan nicht allzu kalt im See - laut Taucheinsatzprotokoll rund 16°C -, aber Badewanne ist trotzdem anders. Und doch: Viel besser als jetzt gerade können die Arbeitsbedingungen im Attersee nicht werden, wenn man einmal von der Sicht absieht, die im Frühjahr deutlich besser war.
Wenn das Außenteam zu Mittag zurück zur Basis kommt, wartet schon eine warme Suppe, die wir am Abend zuvor im Quartier zusammen gekocht haben. Das gemeinsame Mittagessen ist auch für die Taucher selbst meist die erste Gelegenheit, sich miteinander umfassend über das auszutauschen, was sie unter Wasser beobachtet haben. Beim Essen wird deshalb eigentlich immer der Befund diskutiert, wenn wir uns nicht gerade gegenseitig mit Anekdoten über vergangene Grabungen unterhalten, die natürlich auch bei uns nicht fehlen.
Am Nachmittag erfolgt dann der zweite Tauchgang, während das Dokuteam die Funde und Daten vom Vormittag bearbeitet. Zumindest versuchen wir das, auch wenn unsere „Grabungskatze“ stets sehr bemüht ist, unseren Arbeitsfortschritt zu sabotieren. Wenn das Tauchteam am Abend zurückkommt, geben alle ihr jeweiliges Skizzenblatt und das gesamte Fundmaterial des Tages ab. Das Dokuteam kontrolliert wieder alles und sammelt die Skizzenblätter ein. Sie werden gereinigt und dann sofort abfotografiert, damit alle Daten möglichst sofort gesichert sind und ins GIS eingetragen werden können.
Anschließend machen uns auf den Rückweg ins Quartier. Dort sind dann noch Protokolle zu schreiben, Sicherungskopien auszutauschen, Akkus aufzuladen usw. Beim Gemüseschneiden für die Suppe sind wir mit den Gedanken natürlich wieder unter Wasser - ganz normaler Grabungsalltag also.
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