In der zweiten Woche der diesjährigen Zeitensprung Grabung in Mooswinkel läuft alles auf Hochtouren. Kurz nach Beginn der Grabung ließen die ersten Funde nicht lange auf sich warten, sodass bereits in den ersten Tagen auch die ein oder andere Überraschung zum Vorschein kam. Als Beispiel hierfür fanden wir intakt- erhaltene Bastschüre und verzierte Keramik. Bedingt durch den besonderen Erhaltungszustand hat man hier das Glück, die Archäologie noch besser erleben zu können und einen Einblick in das Leben vor ca. 6000 Jahren zu erhalten. Nicht anders als in Deutschland wird auch hier nach den gleichen Methoden gearbeitet. Die Taucher*innen arbeiten sich langsam von Schicht zu Schicht durch und legen die Hinterlassenschaften der Pfahlbausiedler*innen frei.
Manche Funde lassen sich auf den ersten Blick nicht direkt auf der Grabungsfläche erkennen, sodass das abgetragene Material im Anschluss separat geschlämmt wird, um auch die kleinsten Fragmente herauszufiltern. Durch die Dokumentationsmethoden, insbesondere durch Fotos und Zeichnungen der Unterwassergrabung, kann das Areal auch außerhalb des Wassers verständlich dargestellt werden. Im Hinblick auf die Methodik und Visualisierung stehen die österreichischen Kolleg*innen den allgemeinen Standards um nichts nach und arbeiten auf höchstem wissenschaftlichem Niveau. Je nach archäologischem Befund unterscheiden sich die Arbeitsabläufe recht wenig voneinander. Man differenziert dabei je nach Art der Grabung welche Methode zum Einsatz kommt. Siedlungsstrukturen werden zum Teil anders ergraben als Funde von Schiffswracks.
Bei Siedlungsresten ergeben sich, bedingt durch eine gewisse Nutzungsdauer, Schichten von verschiedenen Ablagerungen. Dies können Abfallgruben sein, Plätze von Keramikherstellung, Verhüttung oder andere Hinterlassenschaften, welche sich über einen Zeitraum überlagern. Somit versucht man den einzelnen Schichten zu folgen, um herauszufinden, wie und wie lang Menschen an einem Ort lebten. Zugleich liefern Gebäudegrundrisse oder Pfahlstellungen Hinweise darauf, wie die Menschen ihre Häuser anlegten oder wie sich die Gebäudestrukturen veränderten.
Da Schiffswracks nicht als Teil eines Siedlungswesens, sondern als Einzelfund zu betrachten sind, ergeben sich hier auch andere Fragestellungen und Methoden. Nach dem Untergang der, meist beladenen, Schiffe, werden diese vom Sediment verdeckt und der noch erhaltene Teil als Zeitkapsel konserviert. Ob dabei eine Komplettbergung oder Komplettaufnahme möglich ist, hängt vom jeweiligen Aufwand und Interesse ab. Deshalb konzentriert man sich meist darauf, auf einer kleinen Fläche den größtmöglichen Informationsgehalt herauszuziehen. Am besten funktioniert, zum einen die Länge des Schiffes zu messen und in Kombination, zumindest eine Seite im Rumpf freizulegen. Dadurch erhält man die Ausmaße und sogleich einen Quereinblick in das Schiff. Im Anschluss kann man sich den Fragen nach der Bauart, der Art der Ladung und der Herkunft oder des ursprünglichen Ziels etc. widmen. Somit unterscheidet sich vorausgehend vom Arbeitsaufwand, benötigten Know-How, Ausstattung und Fragestellung jede Grabung ein wenig.
Nicht nur im Rahmen meiner Ausbildung zum geprüften Forschungstaucher lernte ich die Unterwasserarbeit kennen, sondern auch durch meine ehrenamtliche Tätigkeit in der Bayerischen Gesellschaft für Archäologie (BGfU). Dort hatte ich bereits die Möglichkeit unterschiedliche Projekte zu begleiten. Ob phönizische Hafenanlagen in Sizilien, römische Wracks vor Rumänien im Schwarzen Meer, an der Küste Kroatiens, vor Djerba in Tunesien oder auch in heimischen Gewässern. Jede Grabung hat seinen eigenen Reiz durch den Arbeitsaufwand, die Fundstelle oder auch kulturell und landschaftlich. Die gesammelten Erfahrungen lassen sich dann auf anderen Grabungen wiederverwenden und man hat einen Vergleich über die Qualität und Methoden vor Ort. Ziel jeder Kampagne ist es jedoch so viel Informationen wie möglich aus dem erhaltenen Material zu sammeln und auszuwerten, so wie es auch hier am Mondsee angewendet wird.
Somit habe ich dieses Jahr zum ersten Mal die Gelegenheit im Rahmen der UNESCO-Welterbestätte Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen, bei den Nachbarn vorbeizuschauen zu dürfen. Zudem kann man immer etwas Neues entdecken und dazulernen. Was dem Ganzen noch zugutekommt, ist die landschaftliche Kulisse rund um den Mondsee. Hierbei bekommt man eine noch bessere Vorstellung vom Leben der steinzeitlichen Bewohner*innen rund um den See. Man verfolgt die Strukturen der Pfähle unter Wasser, sieht Reste der verwendeten Keramik und sogar Speisereste, kommt zurück an die Wasseroberfläche und sieht anschließend das Panorama der Bergkulisse, welche die Bewohner*innen jener Zeit ebenso genossen haben. In den nächsten Tagen wird weiterhin akribisch am Grabungsschnitt geforscht und wir sind gespannt, was uns alles noch für Überraschungen erwarten werden.
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