Viel Wasser ist die Ager hinuntergeflossen, seit im Herbst 2015 die Grabung in Seewalchen am Attersee für abgeschlossen erklärt wurde und wir mit 160 Pfahlstücken im Gepäck nach Linz abgezogen sind. Doch was ist damit passiert? Über die Hölzer wurde jetzt schon lange nichts mehr gesehen und gelesen, dabei sind sie doch gewissermaßen der Hauptact, um den sich ein Großteil unserer konservatorischer Bemühungen und Überlegungen dreht.
Nun, selbstredend waren wir nicht untätig, sondern haben uns im vergangenen Jahr intensiv mit der Dokumentation und der Entwicklung eines Konservierungskonzeptes auseinandergesetzt. In den Werkstätten am Oberösterreichischen Landesmuseum in Leonding haben wir zuerst jeden einzelnen Pfahl nochmal nachgereinigt - bei der Grabungshektik vor Ort ist uns ja doch die eine oder andere Dreikantmuschel durch die Lappen gegangen… Wegen der vielen Bearbeitungsspuren und weil es sich allgemein gehört, wurden anschließend mit tatkräftiger Unterstützung von Doris die Hölzer von allen Seiten fotografisch dokumentiert.
Von den gereinigten Pfählen haben wir uns mittels Dichtebestimmung (siehe Nassholz und das Archimedische Prinzip) jene Parameter geholt, die wir zur Einschätzung von Erhaltungs- bzw. Abbaugrad der Holzsubstanz benötigen. Dabei gab es kaum Überraschungen, zumal sich die Pfähle allesamt in einem für neolithisches Holz durchaus adäquaten Zustand befinden. In Zahlen ausgedrückt: Die Holzmasse beträgt teilweise nur mehr 1/10 ihrer ursprünglichen Masse. Salopp ausgedrückt: Man könnte die Hölzer mit der bloßen Hand zusammendrücken und auspressen wie einen Schwamm. Was wir daraus für die Konservierung schließen: Die Hölzer müssen mit einem stabilen Festigungsmedium in ausreichender Konzentration getränkt werden, um dem fragilen Zellgerüst bei der Trocknung Stabilität und innere Festigkeit zu verleihen. Mit Verwerfungen, wie es bei der Trocknung von frischem oder sehr gut erhaltenem Holz vorkommt, werden wir nicht zu rechnen haben, da die abgebauten Fasern keine hohe Spannung oder Zugkraft mehr zustande bringen werden.
Um für solche Objekte eine gute Stabilität zu erlangen gibt es viele Möglichkeiten. Eine davon haben wir uns beim Kollegen Markus Wittköpper vom Römisch Germanischen Zentralmuseum in Mainz angeschaut, der uns an seinen Erfahrungen aus jahrelanger Arbeit mit Melaminharzen teilhaben ließ (danke an dieser Stelle nach Mainz!). Die Verwendung dieser Zwei-Komponentenharze hat dort schon zu vielen erfolgreichen Nassholzkonservierungsprojekten geführt, deren beeindruckende Ergebnisse mitunter am Museum für antike Schifffahrt zu bewundern sind.
Eine andere etablierte Methode ist die Tränkung mit höhermolekularem Polyethylenglykol, einem wachsartigen, wasserlöslichen Polymer, das bei Zimmertemperatur fest ist. Mit diesem Medium haben wir unseren ersten Konservierungsversuch am Originalmaterial gestartet und uns dabei auch noch über eine innovative Tränkungsmethode getraut: die sogenannte Impulskonservierung wurde von dem Restaurator und Kunstgutachter Martin Pracher entwickelt und patentiert und soll das Eindringen der PEG-Lösung in die Zellen beschleunigen. Sehr verlockend schien uns das, zumal das Tränken von Nassholz mit diesen leicht viskosen Lösungen via bloße Diffusion mitunter recht lang dauern kann. Tatsächlich war die Tränkung der 4 Versuchspfähle nach 3 Wochen abgeschlossen, sodass wir sie in die Gefriertrockenanlage bei den Tierpräparatoren des Linzer Biologiezentrums schicken konnten. Das Ergebnis dieses ersten Versuches ist zwar noch nicht vollends zufriedenstellend, aber doch immerhin passabel und wir freuen uns, endlich ein paar unserer Schäfchen im Trockenen zu haben.
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