"Ich will doch nur graben", so oder so ähnlich lautet am Anfang des Studiums eine häufig gehörte Aussage. `Nur graben` ist nicht! Eine Grabung ist in erster Linie eine Wissenschaft für sich und vor allem ein enormer logistischer Aufwand. Ganz besonders, wenn die Grabung unter Wasser stattfindet. Das Oberösterreichische Landesmuseum und das Kuratorium Pfahlbauten haben sich mittlerweile bei der Planung und Durchführung von Grabungen unter solch außergewöhnlichen Bedingungen einen Expertenstatus erarbeitet. Routine kommt jedoch in unserer heurigen Ausgrabung in Mooswinkel am Mondsee trotzdem keine auf, auch aufgrund der zahlreichen und vielfältigen Funde, welche täglich von unseren Forschungstaucherinnen und -tauchern geborgen und dokumentiert werden.
Funde wollen gesäubert, versorgt und verwaltet werden - eine zeitintensive Angelegenheit. In der Position des Fundverwalters ist man quasi das verantwortungsvolle Gewissen des Grabungsteams. Man bekommt jeden Fund in die Hand, muss alle Angaben kontrollieren und bei Unklarheiten immer nachfragen. Zum Glück muss ich nicht allzu viele skeptische Blicke verteilen, da die Grabungsmannschaft meistens sorgfältig und effektiv arbeitet. Es ist beeindruckend, welche beachtliche Anzahl an Funden aus unserem Grabungsschnitt zum Vorschein kommt: Keramikfragmente, Hüttenlehm, Knochen oder organische Überreste wie Bastschnüre oder Rinde. Dazu werden regelmäßig Proben aus den Schichten genommen. Zusätzlich säumen noch dutzende Hölzer und Pfähle den Grabungsschnitt. An der Größe der Hölzer, welche bei mir in der Fundverwaltung landen, merkt man den Fortschritt der Taucher beim Abtiefen im Schnitt. Alle Funde werden sorgfältig für den Abtransport ins Landesmuseum nach Linz vorbereitet und verpackt. Mittlerweile stapeln sich die Funde Kistenweise.
Sind alle Funde versorgt und die Datenbank aktualisiert, nutze ich den Vormittag zum Schlämmen. Viele vorbeigehende Besucher bemitleiden mich wegen dieser Tätigkeit. Doch das stundenlange Plätschern des Wasserstrahls, umgeben von der ruhigen Lage unserer provisorischen Forschungsbasis hat eine fast schon therapeutische Wirkung für mich. Als erfahrener „Schlämmer“ weiß ich genau, wonach ich suche. Man arbeitet mit fast allen Sinnen, wobei am stärksten das Auge und der Tastsinn strapaziert werden. Während in Weyregg vor allem Haselnüsse als Zwischenmahlzeit prädestiniert gewesen sein dürften, so scheint es in Mooswinkel eine gewisse Vorlieben für Äpfel gegeben zu haben. Bei Schlämmsack Nr. 87 die erste Pfeilspitze. Endlich! Als positive Überraschung gelang es heuer, zahlreiche Fischwirbel und kleine Knochenfragmente aus den Schlämmnetzen herauszulesen.
Bereits beim Schlämmen und Auffinden der kleinen Knochen habe ich mir mit einem Augenzwinkern ein passendes Untergangsszenario für die Siedlung Mooswinkel ausgedacht: Es war eine vorbiblische Mausplage. Und wenn nicht die Mäuse, dann war es das Wetter. Jeden Tag regnet es am Nachmittag. Abgesehen davon ist es hier wunderschön. Die Aufgaben in der Fundverwaltung machen Spaß und eine Grabung gewissenhaft zu dokumentieren, zahlt sich eben aus!
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