Stille ist eingekehrt in das novemberliche Strandbad Seewalchen. Nebel überzieht den See. Keine Forschungstaucherinnen und -taucher mehr unter Wasser, keine Studentinnen und Studenten mehr beim Fundsieben. Planmäßig konnten wir unsere Feldarbeiten am 30. Oktober abschließen.
Die letzten Tage sind noch einmal turbulent geworden. Am 26. Oktober besuchten uns fast 200 Leute am Tag der offenen Grabung und schauten uns über die Schulter. Dabei ist sogar ein guter Fernsehbeitrag von Servus TV entstanden. Vielleicht erreichte unsere Facebook-Seite auch deshalb danach die 500 Likes-Marke. Wir waren fleißig an der Siebstation und bei der Fundversorgung, außerdem wurden alle geborgenen Pfähle noch beprobt, eingepackt und zusätzliche Kernproben für die Pollenanalysen gezogen. Gleichzeitig musste das Tauchteam noch erhebliche Sedimentschichten abtragen, um das Profil fertig stellen zu können. Insgesamt sind ca. 6 m³ an verschiedenen Schichten feinstratigrafisch abgegraben worden. Mein Respekt vor der Leistung unsere Forschungstaucherinnen und Forschungstaucher. Vier Wochen lang, jeden Tag drei bis vier Stunden unter Wasser zu arbeiten, ist eine große Leistung (vor allem, dabei keinen Schnupfen zu bekommen).
Mit dem Ergebnis bin ich als Grabungsleiter mehr als zufrieden. Wir hatten uns zum Ziel gesetzt, die Ostseite der Sprungturmgrube Seewalchen auf einer Fläche von 12 m² archäologisch zu ergraben und für die anschließende Verschalung vorzubereiten. Dafür mussten wir ein neues Team zusammenstellen und das technische Equipment für die Unterwassergrabung erst extra anfertigen lassen. Auch für die Dokumentation der Ausgrabung sind wir z. T. neue Wege gegangen. Eine ausgiebige Foto- und Videodokumentation konnte anschließend zu anschaulichen 3D-Modellen gerechnet werden.
Aus den archäologischen Befunden können schon jetzt einige neue Erkenntnisse zur Besiedlung der Seewalchener Bucht gezogen werden. Zusätzliche naturwissenschaftliche Untersuchungen sollen helfen, die komplexen Vorgänge besser zu verstehen. Pflanzliche Makroreste und Pollen werden in den nächsten Monaten untersucht. Es konnten fast 100 Pfähle für die Dendrochronologie beprobt werden. Auch wenn die exakten Datierungen noch ein wenig auf sich warten lassen werden, ist doch ein Anfang gemacht.
Aber nicht nur die Wissenschaft an sich war unser Ziel, sondern wir wollten die schwer zugänglichen Pfahlbauten vor allem auch für die Menschen in der Region sichtbarer machen. Für die Wissensvermittlung wurde ein Konzept erarbeitet und anschließend mit zahlreichen Führungen auf dem Grabungsgelände, einem eigenen Blog und regelmäßigen Meldungen auf unserer Facebook-Seite umgesetzt. Einen herzlichen Dank auch an den Verein „Pfahlbau am Attersee“, mit dem gemeinsam die öffentlichen Führungen durchgeführt wurden. Insgesamt besuchten uns ca. 400 Personen im Strandbad Seewalchen.
Den Winter über erfolgen nun eine Aufarbeitung des gesamten Materials und eine erste Berichtlegung. Weitere naturwissenschaftliche Untersuchungen bringen hoffentlich noch neue Erkenntnisse. Die Verschalung der Grubenwände schließt das Projekt ab und sichert die archäologischen Befunde vor einer weiteren Erosion.
Auf jeden Fall war die unterwasserarchäologische Ausgrabung im Strandbad Seewalchen ein gelungener Auftakt für unser 5jähriges Forschungsprojekt „Zeitensprung“. Die nächsten Projekte am Attersee und Mondsee sind in Planung. Ich freue mich auf neue, spannende Erkenntnisse über die Pfahlbauten in Oberösterreich und auf die abschließende Präsentation unserer Ergebnisse in der Landesausstellung 2020 „versunken – aufgetaucht. Leben und Bauen am Wasser. 6000 Jahre Siedlungskultur in der Seenregion“.
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