Während das Team jetzt gerade so richtig auf der Grabung angekommen ist, ist das Gros meiner Arbeit rund um die Ausgrabung in Weyregg nun erledigt und ich beginne, langsam wieder Land zu sehen. Die Unterwasser-Grabung ist nicht nur der Höhepunkt des Jahres für das Tauchteam, das dann alle seine Kompetenzen einbringen kann und muss. Sie ist auch das Highlight der Kommunikation - das ist mein Arbeitsfeld im Kuratorium Pfahlbauten und eines, das bei uns weit über das Schreiben von Presseaussendungen hinausgeht. Meist nennen wir das, was ich mache, Community Management.
Kommunikation ist bei uns so wichtig, weil sie Teil jenes, der UNESCO-Welterbekonvention entsprechenden Auftrags ist, den uns die Republik Österreich mit dem Management des UNESCO-Welterbes übertragen hat. Ein Denkmal - auch ein Welterbe - wird nicht automatisch von allen geschützt, nur weil irgendwo steht, dass es schützenswert ist oder weil es ein Gesetz gibt, dass seine Zerstörung verbietet. Ein Denkmal hat auch nicht per se eine Funktion im öffentlichen Leben, nur deshalb, weil es da ist. Beides muss erst erarbeitet werden und das ist bei Denkmälern, die in Tauchverbotszonen unter Wasser verborgen sind, nicht ganz so einfach. Ein erster (und wirklich nur ein erster) Schritt kann dabei sein, Wissen über die Pfahlbau-Siedlungen im alpinen Raum zu vermitteln.
Die Siedlung Weyregg II gehört nicht zum Welterbe. Sie ist eine jener etwa 1000 Fundstellen, aus denen 111 ausgewählt und zum UNESCO World Heritage „Prehistoric Pile Dwellings around the Alps“ erklärt wurden. Die Erforschung Weyreggs aber wird uns dabei helfen, dieses Welterbe zu verstehen. An dieser Stelle wird eine besondere Herausforderung deutlich: Wir sind verpflichtet, die UNESCO-Welterbestätten für kommende Generationen zu erhalten und zugleich zu erforschen. Was bei anderen wenig problematisch ist, wird im Kontext archäologischer Stätten zu einem Balanceakt. Denn archäologische Forschung ist oft und besonders dann, wenn es eine Ausgrabung ist, eben nicht zerstörungsfrei. Daher forschen wir vor allem in jenen Siedlungen, die nicht unmittelbar zum Welterbe gehören. Auch durch sie lässt sich das Phänomen der Pfahlbauten erschließen.
Mit Erklären alleine aber kommt auch ein Welterbe noch lange nicht in der Lebensmitte der Menschen an, wo es hin muss, wenn es eine Funktion im öffentlichen Leben haben soll. Unserer Meinung nach braucht es die Möglichkeit einer echten Beteiligung. Im Bereich der Forschung ist auch das nicht immer ganz einfach. Gerade hier braucht man oft ein umfangreiches Vorwissen, um mit den sensiblen Überresten der Pfahlbauten unter und über Wasser umzugehen.
Nur in dieser traditionellen Schiene denken wir im Kuratorium Pfahlbauten allerdings gar nicht. Ein Verankern im Hier und Jetzt ist ja auch dann gegeben, wenn die Menschen sich zum Beispiel in künstlerischer Hinsicht vom Welterbe inspirieren lassen. Oder wenn die Pfahlbauten plötzlich im gesellschaftlichen Diskurs auftauchen, weil man an ihrem Beispiel die gegenseitige Beeinflussung von Kulturen zeigen kann. Leider ist besonders in Österreich die Forschungslage noch zu dürftig, um auf dieser Ebene schon jene großen Beiträge leisten zu können, mit denen das UNESCO-Welterbe der „Prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen“ dann eines Tages vielleicht seine größte Wirkung entfalten kann.
Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, für den unser Tauchteam unter Wasser zurzeit in Weyregg die Grundsteine legt. Über dem Seespiegel gilt es in dieser Phase, wo wir direkt an den Befunden arbeiten, die Menschen möglichst umfassend mitzunehmen. Nur jetzt sind manche Formen der Beteiligung möglich, wie zum Beispiel das Mitwirken an der Forschung unter Wasser als Citizen Scientist. Oder es bieten sich besondere Gelegenheiten mal ganz eng mit den Heimatvereinen vor Ort zusammen zu arbeiten, in einem Team auf Augenhöhe Führungen (mit dem Verein Pfahlbau am Attersee) oder Vorträge (wie mit dem Heimatbund Mondseeland) gemeinsam umzusetzen.
Für unsere Grabungsmannschaft ist das öffentliche Interesse allerdings immer auch eine Herausforderung. In einem engen Zeitfenster - fast alle Grabungskampagnen an sämtlichen Fundstätten sind grundsätzlich zu kurz, weil man immer noch was entdeckt, was auch noch spannend sein könnte - in einem solchen engen Zeitfenster also soll das Team klar definierten Fragestellungen nachgehen, mit denen alleine es vollends ausgelastet wäre.
Um beides zu ermöglichen, die umfassende Information und das konzentrierte Forschen, haben wir deshalb in den letzten Wochen in unserer Zentrale in Wien ordentlich geschuftet und ein großes Begleitprogramm erarbeitet. Es war mitunter ganz schön turbulent, denn solch ein großes Programm hatten wir bisher noch nicht umgesetzt. Alles musste von Grund auf geplant und gestaltet werden.
Die beiden Vorträge von Michael Graber zur Dendrochronologie und von unserem Grabungsleiter Henrik Pohl zum aktuellen Stand der Untersuchungen in der letzten Grabungswoche, waren dabei das, was am wenigstens Mühe machte. Vor allem dank der Unterstützung des Heimatbundes Mondseeland und der Gemeinde Weyregg, muss ich da nur sehr wenig selbst tun.
Besonders aufwendig waren die Ausstellungen, die wir an drei Orten der Gemeinde zeigen. Das hatten wir schon letztes Jahr ähnlich in Seewalchen machen wollen, aber es einfach nicht rechtzeitig hinbekommen. Dass es dieses Jahr gelang, erforderte mehrere Spätschichten und ein paar Wochenenden. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, wie ich finde:
Eine kleine Ausstellung in der örtlichen Volksschule informiert über Pfahlbauten allgemein, Holzkonservierung sowie über Holzfunde aus dem internationalen UNESCO-Welterbe. Zu sehen gibt es außerdem Funde aus Weyregg und ein Pfahlbaumodell, das uns die Österreichische Gesellschaft für Unterwasser-Archäologie „Triton“ gestiftet hat.
Im Gemeindeamt haben wir einen vergrößerten, goldfarbenen 3D-Ausdruck einer Axt aus Weyregg aufgehängt. Sieht beeindruckend aus - und auch ein bisschen wie ein Käselaib, aber das haben wir beschlossen, zu ignorieren. Selbsterklärend ist unsere Konstruktion allerdings nicht. Wir sind gespannt, ob es wirklich wie erhofft neugierig macht oder ob die Leute es blöd finden. Daneben gibt es im Gemeindeamt Informationen zur Forschungsgeschichte der Siedlungen Weyreggs und zu unserem Forschungsprojekt Zeitensprung.
In der örtlichen Raiffeisenbank, dem wohl am stärksten frequentierten der drei Orte, haben wir Informationen zum UNESCO-Welterbe positioniert. In einer Wandvitrine, die wir freundlicher Weise nutzen dürfen, ist ein 3D-Druck eines wirklich schönen Gefäßes aus der Welterbestätte im Keutschacher See ausgestellt und weitere 3D-Drucke von Objekten aus Pfahlbausiedlungen in Oberösterreich.
Alle Infos der Plakatausstellung, die für die Ausstellungen auf RollUps gedruckt wurden, gibt es im Strandbad Weyregg nochmals als Banner, sodass sie vor Ort schon einen Teil der Fragen, die sonst dem Team gestellt werden, vorwegnehmen können. Mit den Drucken gerade dieser Banner waren wir arg spät dran und es ging einiges schief, sodass wir die fast geschmissen hätten. Aber rechtzeitig zur ersten öffentlichen Führung heute um 15.00Uhr hängen sie nun doch und werden schon fleißig von den Besucherinnen und Besuchern der gerade im Strandbad stattfindenden Modellbau-Regatta gelesen.
Natürlich gehört aber nicht nur die Umsetzung der Ausstellung selbst bei uns dazu, sondern auch das Erstellen von Schulungsunterlagen für die Guides vom Verein Pfahlbau am Attersee, unseren als Vermittler eingesetzten Archäologie-Studenten Marco Preshegger und die Vermittler vom Oberösterreichischen Landesmuseum, die die Schulklassen durch unsere Schulprogramm führen werden.
Auch Aussendungen waren zu machen. Erst mal an alle, die es interessieren könnte, ein E-Mail - aus dem dann gleich mehrere wurden, weil wir den Tag der offenen Grabung kurzfristig von Samstag auf Sonntag verschieben mussten. Letzteres führte auch dazu, dass wir die kompletten Flyer neu ausdrucken mussten, denn 5000 Mal einen Samstag mit einem Sonntag überkleben, wäre einfach nicht zu schaffen gewesen. Dann die Einladungen an die Schulen, das Anlegen der Events auf Facebook und unserer eigenen Website. Die Veranstaltungsdatenbanken im Internet haben wir noch immer nicht befüllt! Und die erste Presseaussendung scheint auch in den unerforschten Tiefen des WWW untergegangen zu sein. Glücklicherweise sind wir inzwischen aber online präsent genug, so dass es aufmerksamen Journalistinnen und Journalisten auffällt, wenn wir wo loslegen und sie sich an uns wenden und nachfragen.
Nun harren wir in Wien der Dinge, die da kommen, und sind gespannt, wie das Programm angenommen wird. Der erste Vortrag am Dienstag in Mondsee war schon mal recht gut besucht. Michael Grabner von der BOKU Wien wurde nachher sehr gelobt: Er habe das Thema so anschaulich und spannend vermittelt. Ich selbst war nicht dort und habe alles Organisatorische vertrauensvoll in die Hände des Heimatbundes und unseres Teams gelegt. Nach den anstrengenden Wochen und einer zweimaligen Fahrt an den Attersee am letzten Freitag und dann nochmal die ganze Strecke am Samstag - hin und zurück rund 500km - ging es einfach nicht mehr.
Und siehe da: Es lief auch ganz ohne mich super. Es kamen mehr Leute, als erwartet worden waren, und der Heimatbund musste sogar nachbestuhlen, was auch ganz mühelos geklappt hat. Unsere Projektleiterin Jutta Leskovar vom Oberösterreichischen Landesmuseum berichtete mir, dass sie gar nicht so schnell habe schauen können, wie unser Grabungsteam einen Tisch aus dem Nichts hergezaubert und mit Flyern eingedeckt hatte, wie rasch die Plakate mit den kommenden Programmpunkten an der Wand landeten und eine Beachflag vom Kuratorium Pfahlbauten ihren Platz neben der Leinwand fand. Auf der Leinwand lief dann auch gleich am zweiten Grabungstag ein Video mit aktuellen Fotos und Filmsequenzen von der diesjährigen Kampagne (das gibt es bald auch auf unserem YouTube-Kanal, bevor jemand fragt). Genial!
Blogposts direkt von der Grabung landen nun auf meinem Tisch und geben auch mir das Gefühl, von Wien aus hautnah dabei sein zu können. Wunderbar!!! Auf diese Weise können wir unser Organisationsziel, den Menschen eine Anteilhabe an unserem Tun zu ermöglichen, leicht erreichen. Und so wird es auch gelingen, nach und nach das Wissen um die besonderen Bedürfnisse dieser sensiblen Fundstellen ganz allgemein bekannt zu machen und zu zeigen, wie wertvoll und spannend diese unscheinbar wirkenden und von Land aus sogar zumeist ganz unsichtbaren Denkmäler unter Wasser wirklich sind.
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