Die Mitarbeit an einem Pfahlbauprojekt war meine erste Tätigkeit am Naturhistorischen Museum Wien. Elisabeth Ruttkay von der Prähistorischen Abteilung des Hauses war es 1989 gelungen, beim Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung ein erstes Projekt zur Erforschung der Pfahlbauten an den alpinen Seen Österreichs ins Leben zu rufen. Einem einjährigen Pilotprojekt folgte ein dreijähriges Forschungsprojekt, das zunächst auf die Funde der Fundstelle See am Mondsee konzentriert war.
Neben den Beständen des Naturhistorischen Museums und des Museums in Mondsee waren vor allem die von Johann Offenberger vom Bundesdenkmalamt dokumentierten Funde von See am Mondsee im Zentrum der neuen Studien. Eine ganze Reihe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern war in der Folge mit der Aufarbeitung der Funde beschäftigt. Während des Pilotprojektes verschaffte man sich einen Überblick über die vorhandenen Fundbestände und legte die Art der Beschreibung fest, um eine einheitliche Erfassung der Funde zu gewährleisten.
Ich selbst stieß erst im darauffolgenden Forschungsprojekt dazu, in dem ich hauptsächlich mit der Beschreibung und Zeichnung der Feuersteingeräte beschäftigt war. Das betraf zuerst nur die Funde aus den Grabungen Offenbergers. Es zeigte sich aber bald, dass eine Beurteilung dieser Stücke nur in Zusammenhang mit den zahllosen aus der Sammlung Matthäus Muchs stammenden Geräten und Pfeilspitzen zu sinnvollen Ergebnissen führen könnte. In der Folge habe ich auch diese für eine Auswertung erfasst.
Als Rohmaterial wurde zu einem großen Teil plattenartiger Silex aus Süddeutschland und vermutlich auch dem österreichischen Alpenraum verwendet. Aus den Silexplatten wurden Pfeilspitzen, Dolchblätter, Messer und Sicheln hergestellt. Vor allem die Analyse der mehr als 500 Pfeilspitzen hat wichtige Einblicke in das Fundmaterial gebracht. Die Pfeilspitzen unterschiedlicher Formen und Größen zeigen deutlich die Bedeutung der Jagd an diesem Platz. Erich Pucher von der Archäozoologischen Sammlung des Naturhistorischen Museum hat an Hirschschädel-Fragmenten Verletzungen festgestellt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von eindringenden Pfeilen stammen.
Da die Mehrzahl der Funde aufgrund der Art ihrer Bergung – Much hat zum Beispiel im See gebaggert; die Funde der Grabung Offenberger liegen in einem Bereich des Sees, wo die Strömung teilweise Verlagerungen verursacht hat – keinen Ablagerungsschichten zugeordnet werden können, ist auch deren chronologische Beurteilung eher schwierig. Der Vergleich mit den Funden anderer Siedlungsplätze zeigt eindeutig die Zuordnung zum Spätneolithikum. Möglicherweise aber stammen sie nicht von einer einzigen Siedlungsperiode, sondern aus einem längeren Zeitraum.
Interessant war auch, dass sich bei ersten Zusammensetz-Versuchen für ein kleines Dolchblatt aus der Sammlung Much die Spitze im Grabungsmaterial von Offenberger fand. Das zeigt zumindest eine gewisse Nähe der beiden Fundstellen zueinander. Für zukünftige Untersuchungen könnten sicher die Weiterführung von Zusammensetzungen, Gebrauchsspurenanalysen und detaillierte Untersuchungen der Schlagtechnik noch weitere Einblicke in die Erzeugung und Handhabung der Geräte aus Feuerstein bringen.
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