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Die Tauchkampagne im Keutschacher See 2024 und: warum wir nicht nur Sensationsfunde machen

23. Oktober 2024

Mitte September 2024 startete unsere Tauchkampagne in Kärnten am und im Keutschacher See. Unsere Hauptziele lagen in der jährlichen Zustandskontrolle der UNESCO-Welterbestätte und in der Durchführung von Schutzmaßnahmen. Wir konnten mit einem erfahrenen Team aus österreichischen und deutschen Forschungstaucher:innen wieder unsere Basis in der Pension Mokina am Keutschacher See beziehen. Dank des Einsatzes der Wasserrettung Keutschach schaffte es unser Forschungsboot gut ins Wasser. Unsere provisorische Forschungsbasis konnten wir heuer in „Gerti´s Strandbad“ einrichten.

Die aktuelle Zustandserfassung des Unterwasserdenkmals umfasste sowohl die Ablesung aller 40 Erosionsmarker sowie die fotografische Dokumentation der Oberfläche. Insgesamt waren zum Glück nur wenige Veränderungen sichtbar. Die übliche, leichte Schlickschicht bedeckte die ehemalige Siedlungsfläche sowie die bereits mit Erosionsschutzmatten abgedeckten Areale. Diese Basaltmatten bewähren sich sehr gut und erfüllen ihre Schutzfunktion hervorragend. Es zeigten sich jedoch drei Faktoren, die (weiterhin) den Zustand der Fundstelle gefährden:

  1. Erosion auf der Kuppe und an den Hängen der Untiefe

  2. Spuren der Laichtätigkeit der (hier nicht heimischen) Zander

  3. Beeinträchtigungen durch Angelhaken und Angelschnüre

In diesem Jahr sind besonders viele Angelhaken und -schnüre geborgen worden. Da wir jedes Jahr auf der Oberfläche der ehemaligen Insel alle Angelmaterialien absammeln, können wir den Vergleich gut anstellen. Ebenso haben wir heuer beobachtet, wie Angelschnüre Pfahlköpfe durchschnitten haben. Davon geht eine akute Gefährdung der UNESCO-Welterbestätte aus und wir appellieren dringend an alle Fischer:innen im See, die empfohlenen Angelverbotszone einzuhalten, um weiteren Schaden zu vermeiden.

Durch all diese Gefährdungen ist es weiterhin nötig, die besonders exponierte Kuppe der Untiefe mit Abdeckungen zu schützen. Während unserer Tauchkampagne 2024 haben wir einen weiteren Bereich von 160 m2 mit Erosionsschutzmatten abgedeckt, um die dortige Oberfläche mit den Funden, Hölzern und Kulturschichten besser zu erhalten. Davor wurde die Oberfläche natürlich genau dokumentiert.

Dieser Bereich der ehemaligen Siedlungsfläche zeigte besonders viel Reste des ehemaligen steinzeitlichen Dorfes. Nach dem händischen Abwedeln der Mulmschicht waren verbrannte Hölzer, durch Hitze verziegelte Lehmflächen sowie zahlreiche Pfähle und liegende Hölzer sichtbar. Es kamen ebenfalls einige besondere Funde zu Tage, von denen wir manche aufgrund einer akuten Gefährdung geborgen hatten. Zu diesen Sonderfunden gehören ein fast vollständig erhaltender Krug mit beidseitigen Ösen, der auf Grund seines Dekors der Kanzianiberg-Lasinja Gruppe zugeordnet werden kann und damit ca. 6000 Jahre alt ist. Des Weiteren kam ein hölzerner Angelhaken mit neun Zentimeter ! Länge, einige Geweihartefakte sowie weitere Angelhaken zum Vorschein. In den begleitenden Pressebeiträgen sind diese Funde als Sensation bezeichnet worden. Dabei sind diese Funde für uns eigentlich eher nebensächlich und werden nur bei besonderer Gefährdung geborgen. Sie machen ja den Charakter der Welterbestätte aus. Im Vordergrund unserer Tätigkeit stehen die Denkmalpflegemaßnahmen, die den Erhalt der Fundstelle für weitere Generationen ermöglichen sollen. Die geborgenen Sonderfunde werden nach den wissenschaftlichen Analysen wieder zurück in die Gemeinde Keutschach gebracht.

Zusätzlich bauten und installierten wir zwei weitere künstliche Zandernester. Da die Eckbojen des Schutzgebietes zum Teil nicht mehr sichtbar waren, wurden alle vier Markierungsbojen neu gesetzt.

Zusätzlich zu den Arbeiten an der Fundstelle informierten wir natürlich auch die Öffentlichkeit über unsere Aktivitäten: Site Managerin Lieselore Meyer organisierte einen Informationsnachmittag und die mediale Begleitung unsere Tauchkampagne. Im kärnten.museum Klagenfurt konnte wir auf Einladung des Fördervereins Rudolfinum einen Vortrag zum „Einbaumland Kärnten“ halten. Außerdem führten wir zum zweiten Mal einen Workshop Unterwasserarchäologie mit dem Tauchshop Klagenfurt für historisch interessierte Sporttaucher:innen durch. Auch hier gilt unser Dank der Wasserrettung Keutschach, die uns mit einem Bootseinsatz dabei unterstützten.

Unsere Kontrollen und Denkmalpflegemaßnahmen an dieser spannenden, aber auch gefährdeten Welterbestätte werden auch 2025 fortgeführt – wir werden darüber berichten!

Zugehöriges Projekt

Die besondere Lage der Welterbe-Siedlung im Keutschacher...

Henrik Pohl ist als Site Manager des Kuratoriums Pfahlbauten in Oberösterreich für das UNESCO-Welterbe der Prähistorischen Pfahlbauten zuständig.

Forschungstaucher:innen beim Schließen ihrer Trockentauchanzüge. Foto: Kuratorium Pfahlbauten, Henrik Pohl
Arbeitsgebiet in der Mitte des Keutschacher Sees. Foto: Kuratorium Pfahlbauten, Henrik Pohl
Dokumentation der Oberfläche. Foto: Kuratorium Pfahlbauten, Henrik Pohl
Forschungstaucherin dokumentiert eine Kernbohrung. Foto: Kuratorium Pfahlbauten, Stefan Krojer
Gesammelte Angelutensilien aus dem Jahr 2024. Foto: Kuratorium Pfahlbauten, Henrik Pohl
Angelhaken in einer 2023 verlegten Erosionsschutzmatte. Foto: Kuratorium Pfahlbauten, Franziska Domen
Geweihartefakt auf der Oberfläche. Foto: Kuratorium Pfahlbauten, Henrik Pohl
Hölzerner Angelhaken, 2024 entdeckt und geborgen. Foto: Kuratorium Pfahlbauten, Henrik Pohl
Verzierter Krug, Kanzianiberg-Lasinja Gruppe, 2024 entdeckt und geborgen. Foto: Kuratorium Pfahlbauten, Henrik Pohl
Abdeckfläche mit Basaltmatten. Foto: Kuratorium Pfahlbauten, Henrik Pohl
Teilnehmer:innen und Leiter des Workshops für Unterwasserarchäologie 2024 am Keutschacher See. Foto: Kuratorium Pfahlbauten, Lieselore Meyer
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Das Kuratorium Pfahlbauten wurde im Jahr 2012 von Bund und Ländern ins Leben gerufen, um den österreichischen Teil des internationalen UNESCO-Welterbes „Prehistoric Pile Dwellings around the Alps“ stellvertretend für die Republik Österreich zu betreuen.

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