Unter den Resten der jungsteinzeitlichen Siedlung auf der Insel am Keutschacher See finden sich zahlreiche Tierknochen. Sie zeigen uns welche Tiere gejagt und welche als Haustiere gehalten wurden. Bei einigen dieser Knochen handelt es sich um reine Speiseabfälle, andere zeigen Bearbeitungsspuren und wurden vom Menschen als Material für Werkzeug oder als Schmuck genutzt. In der Jungsteinzeit wurden Tiere nämlich nicht nur gegessen. Alles vom Tier, sein Fell, seine Haut, die Knochen, das Geweih bis hin zu den Zähnen war nützlich und wurde vom Menschen verarbeitet und verwendet.
Was jagten die Menschen aus der Pfahlbausiedlung am Keutschacher See?
Die genauen Untersuchungen und Bestimmungen der Tierknochenfunde aus der Pfahlbausiedlung im Keutschacher See zeigen, dass 72 % der untersuchten Tierknochen von Jagdwild stammte, ein Großteil davon vom Rothirsch. Weiters wurden Reh, Gämse, Elch, Wildschwein, Biber, Luchs, Wildkatze, Fischotter und Bär gejagt. Obwohl drei Viertel des Fleischbedarfs durch Jagd gedeckt wurde und Fischfang zudem eine Rolle spielte, finden sich auch Überreste von Haustieren wie Rind, Schaf, Ziege, Schwein und Hund. Haustiere die vielleicht im umliegenden Gebiet des Keutschacher Sees von den Inselbewohner:innen gehalten wurden. Vorstellbar wäre auch ein Tauschhandel mit der Bevölkerung anderer Siedlungen im Umland. So könnten Fische oder Felle der erlegten Wildtiere durch Haustiere eingetauscht worden sein.
Wie jagten die Menschen der Jungsteinzeit?
Die Jagd war in der Steinzeit eine überlebenswichtige Notwenigkeit für die gesamte Gruppe. Aus der Steinzeit kennen wir alle möglichen Formen von Speeren und Möglichkeiten diese in Bewegung zu setzen mittels Wurf- und Schleudergeräten. Auch Äxte, Messer und vermutlich diverse Formen an Fallen kamen bei der Jagd zum Einsatz. In der Jungsteinzeit (um 10.000 vor Christus) kommt zudem eine neue Jagdwaffe auf, nämlich Pfeil und Boden.
Tierknochen schwer zu jagender Tierarten, wie Gämse oder Bär, zeigen, dass die Menschen aus der Pfahlbausiedlung am Keutschacher See erfahrene Jäger:innen waren. Sie kannten ihre Landschaft und die bevorzugten Aufenthaltsorte der Tiere. Das Wissen um gute Jagdmethoden oder -plätze wurde mit Sicherheit an die nachfolgende Generation früh weitergegeben und gewisse Tierarten lassen sich auch nur in der Gruppe mit vereinten Kräften erlegen. Die Nachweise von Hundeknochen aus der Pfahlbausiedlung legen nahe, dass der Mensch ebenfalls einen Helfer auf vier Beinen bei der Jagd dabei hatte.
Die Untiefe im Keutschacher See wurde zudem über Jahrtausende für die Fischerei genutzt. Schwimmer aus Holz und Netzsenker aus Ton oder Stein für die Fischernetze, sowie ein Angelhaken aus Holz belegen auch Fischerei zur Zeit der Pfahlbauten. Gefunden wurde z.B. ein 6 cm langer hölzerner Angelhaken. Er wurde aus der Zweiggabel einer Fichte gefertigt, die Leine war an einer umlaufenden Einkerbung befestigt. Auf dem massiven Haken brachte man wohl einen Köderfisch an, um damit Welse oder Hechte zu fangen.
Was uns 6000 Jahre alte Funde erzählen
Vor 6000 Jahren wandelt sich die Gesellschaft in Mitteleuropa von einer nomadischen zu einer sesshaften Lebensweise. Neben der Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht wurde in der Jungsteinzeit auch noch viel gejagt und gesammelt. Doch woher wissen Wissenschaftler:innen das? Hier kommt das Forschungsfeld der Archäozoologie ins Spiel. Urgeschichtliche Tierknochen verraten den Expert:innen nämlich so einiges, nicht nur über die Art des Tieres, dessen Alter und Geschlecht. Durch den Eingriff des Menschen in die Fortpflanzung verändert sich das Tier. An den Knochen können diese Veränderungen abgelesen werden. So weisen beispielsweise gezüchtete Rinder viel breitere Schädel auf als wild lebende Arten oder Hausschweine sind zu neolithischer Zeit viel kleiner und zierlicher als Wildschweine. Durch den Vergleich der Tierknochen mit einer großen Sammlung an urgeschichtlichen Knochenfunden kann die Unterscheidung zwischen Wildtier und Haustier getroffen werden. Werden viele Knochen aus einer Fundstelle untersucht, kann das Schlachtalter von Jungtieren auf bestimmte Jahreszeiten für die Schlachtung hinweisen. Diese Information erzählt damit etwas über den Jahreskreis der Menschen. Oder sie zeigen Nahrungsengpässe zu bestimmten Zeiten im Jahr an. Mangelerscheinungen an den Knochen zeigen zudem wie gut die Tiere gehalten wurden und in welchen Regionen es den Menschen schwerer fiel, die Tiere durch den Winter zu bringen.
Wo befindet sich das Welterbefenster?
Du möchtest mehr über die Haus- und Jagdtiere aus der Jungsteinzeit und urgeschichtliche Jagdmethoden wissen? Dann schau’ im Keutschacher-Gemeindeamt vorbei und wirf einen Blick in das Welterbefenster. In der Vitrine befindet sich ein hölzerner Angelhaken aus der urgeschichtlichen Pfahlbausiedlung und UNESCO-Welterbestätte aus dem Keutschacher See, sowie Werkzeuge aus Tierknochen die Hinweise auf gejagte Tiere in den umliegenden Wäldern geben.
Standort:
Gemeindeamt Keutschach am See, Keutschach 1, 9074 Keutschach am See
Öffnungszeiten:
Mo., Di., Do. 07:30-16:00 Uhr
Mi. 07:30-18:00 Uhr
Fr. 07:30-12:00 Uhr
(Stand: Juli 2023; bei einem Besuch kontrollieren Sie bitte nochmals die aktuellen Öffnungszeiten)
Das Welterbefenster ist eine Produktion des Kuratorium Pfahlbauten, dem Nationalen Management des UNESCO-Welterbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“ in Österreich. Es dient zur kostenfreien Vermittlung des UNESCO-Welterbes und wurde vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport, Abt. 14 Kunst und Kultur des Landes Kärnten und der Kulturdirektion Oberösterreich gefördert. Das Vitrinendesign und der Aufbau stammen von Architekt Alexander Kubik, die Technik installierte Thomas Sandri, Screendesign und Programmierung erfolgte durch das Unternehmen lowfidelity – Heavy Industries. Die Funde stellten die Seebesitzerinnen Dr. Gundula Meßner und Anna Maria Meßner, MA, die Gemeinde Keutschach am See, sowie das Landesmuseum Kärnten zur Verfügung.
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