Vor 6000 Jahren erlernte der Mensch auch in Europa die Technik des Ackerbaus, der Viehzucht und der Verarbeitung von Metall (Kuper). Auch die langsame Ausbreitung des Webstuhls ändert das Erscheinungsbild der Menschen. Textilen aus Pflanzenfasern, später auch aus Schafwolle, können nun als Bekleidung und zur Gestaltung der Lebensräume genutzt werden.
Wie verändert sich der Mensch in der Jungsteinzeit?
Die sesshafte Lebensweise bietet einen deutlichen Vorteil, denn es können mehr Kinder geboren werden. Im Neolithikum beginnt die Bevölkerungszahl rapide zu steigen. Doch mit dem neuen und engen Zusammenleben von Mensch und Tier in Haus und Siedlung treten auch vermehrt Krankheiten auf, welche von domestizierten Tieren und Schädlingen auf den Menschen übertragen werden. Auch die Nahrungsumstellung durch den Ackerbau bringt neue Probleme mit sich. Der hohe Anteil an Zucker im Getreide und fehlende Mundhygiene führen zu Karies. Auch können durch Missernten und einseitige Ernährung Mangelerscheinungen auftreten. Untersuchungen von Gräbern zeigen diese Veränderungen an den Skeletten.
Wo bestatteten die Seebewohner:innen ihre Toten?
Die Forschung steht hier vor einem großen Rätsel, denn bisher wurden keine Gräberfelder aus dieser Zeit um den Keutschacher See gefunden. Dieses Problem betrifft jedoch nicht nur die Fundstelle aus Keutschach, rund um Alpen fehlen die Gräberfelder zu den Seeufersiedlungen. Entweder wurden diese an speziellen Plätzen errichtet, die noch nicht gefunden wurden oder in Verbindung mit den Seeufersiedlungen gebracht werden konnten, wie weit abgelegene Berghänge oder Höhlen. Die Menschen könnten ihre Toten aus den Pfahlbausiedlungen auch auf eine Weise bestattet haben, die archäologisch keine Spuren hinterlässt. Beispielsweise durch eine Brandbestattung mit anschließendem Verstreuen der Asche oder Versenkung der Leichen in Gewässern. Nachweise menschlicher Knochen aus Pfahlbausiedlungen sind darum sehr selten.
Was uns 6000 Jahre alte Funde verraten
Die Anthropologie ist die Wissenschaft vom Menschen. Sie bildet die Grundlage für die Evolutionstheorie, doch erforscht auch menschliche Überreste aus Gräberfeldern der jüngeren Menschheitsgeschichte. Anthropolog:innen können anhand von Skelettresten erstaunliche Dinge über die Lebensweise und die Todesursache eines Individuums herausfinden. Wären wesentlich mehr menschliche Überreste aus Pfahlbausiedlungen vorhanden, so könnten diese auf Abnutzungserscheinungen untersucht werden und damit Hinweise auf die tägliche körperliche Arbeit von Frauen, Männern und Kindern geben. Krankheiten hinterlassen ebenfalls Spuren am Skelett und können so auch indirekt auf hygienische Bedingungen im Alltag, Missernten oder Seuchen schließen lassen. Die Selektion von DNA an urgeschichtlichen Skelettresten ist ein relativ junges Forschungsfeld, das derzeit gewaltige Fortschritte macht. Die Paläogenetik hilft, urgeschichtliche Migrationsbewegungen zu rekonstruieren und kann damit Hinweise auf gesellschaftliche Veränderungen und Spannungen geben.
Wo befindet sich das Welterbefenster?
Haben wir dein Interesse an den Menschen der Jungsteinzeit geweckt? Dann schau’ im Keutschacher Gemeindeamt vorbei und wirf einen Blick in das Welterbefenster. Hier befinden sich zwei seltene Knochenfunde urgeschichtlicher Menschen, welche am Fuße der ehemaligen Insel im Keutschacher See gefunden wurden und auf der sich die urgeschichtliche Pfahlbausiedlung und einzige UNESCO-Welterbestätte Kärntens befindet. Ein Teil eines Schädels und ein Oberschenkelknochen stammen von Menschen die vor ca. 3800 und 3700 vor Christus und damit zur gleichen Zeit wie die Siedlung auf der Insel bewohnt wurde lebten.
Standort:
Gemeindeamt Keutschach am See, Keutschach 1, 9074 Keutschach am See
Öffnungszeiten:
Mo., Di., Do. 07:30-16:00 Uhr
Mi. 07:30-18:00 Uhr
Fr. 07:30-12:00 Uhr
(Stand: Juli 2023; bei einem Besuch kontrollieren Sie bitte nochmals die aktuellen Öffnungszeiten)
Das Welterbefenster ist eine Produktion des Kuratorium Pfahlbauten, dem Nationalen Management des UNESCO-Welterbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“ in Österreich. Es dient zur kostenfreien Vermittlung des UNESCO-Welterbes und wurde vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport, Abt. 14 Kunst und Kultur des Landes Kärnten und der Kulturdirektion Oberösterreich gefördert. Das Vitrinendesign und der Aufbau stammen von Architekt Alexander Kubik, die Technik installierte Thomas Sandri, Screendesign und Programmierung erfolgte durch das Unternehmen lowfidelity – Heavy Industries. Die Funde stellten die Seebesitzerinnen Dr. Gundula Meßner und Anna Maria Meßner, MA, die Gemeinde Keutschach am See, sowie das Landesmuseum Kärnten zur Verfügung.
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