Das jüngste UNESCO-Welterbe „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“ Österreichs befindet sich ja bekanntlich ausschließlich unter Wasser. Damit ist es für uns vom Kuratorium Pfahlbauten unerlässlich, dort Tauchgänge zu unternehmen. Seit 2013 leite ich als Site Manager die unterwasserarchäologischen Kampagnen in Oberösterreich und Kärnten. Seit dem mussten wir uns aber, um die Stationen überhaupt zu erreichen, meistens erst einmal ein geeignetes Arbeitsboot ausleihen. Man könnte auch fragen, warum wir die Welterbestätten nicht von Land aus betauchen. Die Antwort lautet: Das mag für einzelne Tauchgänge zum Teil möglich sein, für eine sichere und effiziente Tauchkampagne, die über zwei bis vier Wochen geht, aber nicht. Drei von den fünf Pfahlbaustationen sind vom Land aus gar nicht zugänglich: Keutschach liegt auf einer Untiefe mitten im See, Litzlberg-Süd ist von Privatgrundstücken umschlossen und Abtsdorf I befindet sich 300 m vom Ufer entfernt, so dass an ein sicheres Arbeiten von Land aus nicht mehr zu denken ist.
Die Sicherheit ist generell ein entscheidendes Kriterium für die Anschaffung eines eigenen Bootes gewesen: durch ein professionelles Forschungsboot ist für eine schnelle Hilfe bei Notfällen gesorgt. Zusätzlich ist unser neues Forschungsboot mit einem Schraubenschutz ausgestattet, ohne den die Taucher durch den Bootspropeller gefährdet wären. Jeder kann sich vorstellen, dass es nicht effektiv ist, wenn unsere Forschungstaucherinnen und Forschungstaucher alle Arbeitsgeräte mit sich zum weit entfernten Arbeitsplatz schleppen müssen. Von unserem neuen Boot aus können wir die benötigten Mittel einfach zureichen und abnehmen. Dreieinhalb Jahre haben wir uns bisher mit oft für uns unpraktischen, ausgeliehenen Arbeitsbooten beholfen. Nun, rechtzeitig zu den Monitoring-Kampagnen Ende Mai im Attersee und im Mondsee steht unser Boot zur Verfügung. Sicherheit und Effektivität sind nun bei unseren Taucheinsätzen garantiert und die weit vom Ufer entfernten Arbeitsplätze sind jetzt schnell und sicher zu erreichen.
Durch den Union Yachtclub Attersee (UYCAS) erfahren wir dabei große Unterstützung, denn der traditionsreiche Club stellt uns freundlicherweise eine kostenfreie Basis für das Boot zur Verfügung stellen. Ich freue mich wirklich sehr, dass wir dadurch die Möglichkeit haben, einen Stegliegeplatz im Sommer, einen Winterliegeplatz sowie die Infrastruktur dieses ältesten und größten Yachtclubs in Österreich nutzen zu können. Daher auch ganz persönlich meinen herzlichen Dank an den Vorstand des UYCAS, insbesondere an Herrn DI W. Lohberger. Schon im kommenden Herbst werden wir unser Forschungsboot als schwimmende Basis für unsere nächste unterwasserarchäologische Ausgrabung im Attersee nutzen, die als Teil des Forschungsprojektes „Zeitensprung“ zur Vorbereitung der Landesausstellung 2020 durchgeführt wird.
Jetzt ist das Boot also endlich im Heimathafen Attersee angekommen. Neun Monate der Planung und Entscheidungsfindung sind nun vorbei. Leicht war es nicht, das richtige Boot zu finden. Zum Beispiel gibt es leider keine Bootswerft in Österreich, die solcherart Arbeitsboote baut. Deswegen haben wir drei Angebote aus Deutschland eingeholt. Das beste Preis-Leistungsverhältnis wurde von der Nordland Hansa Werft aus Rostock angeboten. Diese Werft lieferte schon zahlreiche Spezialboote für die österreichische Wasserrettung und Feuerwehr. Ich konnte dort meine Ausstattungswünsche, die ich in 20 Jahren Erfahrung in der Unterwasserarchäologie gesammelt hatte, realisieren lassen. Dazu gehört z.B. endlich eine vernünftige Tauchausstiegsleiter und eine kräftige Winsch, die uns die Entnahme von Kernbohrungen massiv erleichtern wird. Außerdem gibt es einen Propellerschutz, einen Gewichtsanker sowie eine Planenkajüte für die kalten Herbst- und Frühjahrseinsätze. Zusätzlich ist das Forschungsboot mit einem Side Scan Sonar ausgestattet. Dies ermöglicht es uns, eigene Oberflächenaufnahmen des Seegrundes vorzunehmen. Insgesamt also eine wohldurchdachte Angelegenheit.
Ich war wirklich aufgeregt, unser eigenes Boot dann endlich fertiggestellt in der Werft zu sehen. Die Fahrt von Rostock über Bamberg nach Attersee dauerte zwar zwei Tage, weil ich mit dem Boot auf dem Hänger doch nur recht langsam vorankam.Aber jetzt können wir bald die ersten Fahrten auf Mond- und Attersee unternehmen. Wer also demnächst auf den Seen Oberösterreichs und Kärnten dieses petrolfarbene Forschungsboot mit dem Pfahlbauten-Logo sieht, kann sicher sein, dass sich das Kuratorium Pfahlbauten um den Schutz, den Erhalt und die Erforschung der UNESCO-Welterbe unter Wasser kümmert.
Kommentare
Forschungsbootstaufe
Die Taufe unseres Forschungsbootes ist übrigens noch ausständig...
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