Heute war es endlich so weit, der erste offizielle Tauchausflug mit unseren Student*innen der International Underwater Archaeological Fieldschool 2021. Nach genauem Überprüfen der Tauchtauglichkeit, Brevets und natürlich der Ausrüstung ging es los Richtung Mooswinkel, wo wir in der Pension Mosinger eine eigene Tauchbasis für unsere Studenten*innen aufgebaut haben. Erfahrene wurden mit etwas unerfahreneren Tauchern*innen gepaart und wir starteten den ersten Probetauchgang in der Bucht von Mooswinkel - so weit so gut! Tauchen können alle und wir mussten keinen vor sich oder dem kalten Wasser retten. Doch schon im Vorfeld ging mir einiges durch den Kopf: wie werden sich die Student*innen am Grabungsschnitt verhalten? Werde ich noch arbeiten können oder werden die Flossenschläge die ganze Sicht vernebeln? Wird sich jemand an den neolithischen Pfählen oder modernen Armiereisen am Grabungsschnitt verletzen? Wie viele Flossen landen direkt in der Grabungsfläche oder in meinem Gesicht? Und wie soll ich ihnen nur die vielen Arbeitsschritte und Überlegungen unter Wasser nahe bringen ohne wirklich Worte zu wechseln?
Seit 2015 arbeite ich schon beim Kuratorium Pfahlbauten als Archäologin und Forschungstaucherin mit und habe davor und währenddessen an anderen unterwasserarchäologischen Projekten mitgearbeitet. Meine Arbeit und Vorgehensweise ist bereits routiniert und ich bin es gewohnt unter Wasser zu „multitasken“ und die Grabungsfläche und die Verläufe der einzelnen Schichten zu visualisieren. Eine genaue Absprache über die einzelnen Schritte an Land ist unabdingbar, doch birgt die Arbeit unter Wasser immer neue Herausforderungen und fordert schnelle Lösungen an Ort und Stelle. Unsere Student*innen wirken sehr aufgeweckt, interessiert und vor allem motiviert, ich bleibe positiv gestimmt.
Nachdem sich die Student*innen mit der Bucht und ihrer Ausrüstung genügend vertraut gemacht hatten, folgte mir das erste Buddyteam zur Grabungsfläche. Ich wartete schwebend an der Profilkante, stellte meinen Werkzeugkoffer ab und zeigte ihnen, was für Werkzeug und Utensilien eine Unterwasserarchäologin denn benötigt: Zeichenbrett, Fotoapparat, Zollstab, Fotomaßstab, Fundzettel, Kelle, Netzsäckchen zum Auffangen des kleinteiligen Materials, das durch die water dredge gesaugt wird, Fundsäckchen und -dosen, Plaketten zur Markierung der Pfähle und liegenden Hölzer. Ich zeigte ihnen den Verlauf der Schichten, die meist braun in braun wirken und für das ungeübte Auge wirklich schwer zu erkennen sind, ich deutete auf die herausstehende grobe Gebrauchskeramik und auf ein kleines Steinbeil, welches halb aus unserer Kulturschlicht lugte. Mit wilder Gestikulation erklärte ich den Verlauf der knapp 6000 Jahre alten Bastschnur, die vor wenigen Tagen hier geborgen wurde und zeigte, wie sie sich um die Pfähle geschwungen hat. Ich würde erst an Land erfahren, ob sie meine Deutungen verstehen konnten.
Nun begann die Arbeit. Ich nahm die water dredge, schaltete sie ein und demonstrierte ihre starke Saugkraft und die Gefahr, die sie für die eigene Ausrüstung und das heikle Fundmaterial haben kann. Langsam ging‘s ans Absaugen der Schicht, alle waren konzentriert, man hörte nur das eigene Atmen und das Blubbern der Blasen. Schon nach kurzer Zeit kam die erste Keramik mit Inkrustierung zum Vorschein. Nun bitte Konzentration: Zuerst wurde mit Maßstab ein Foto gemacht, danach der Fund in unserem Raster händisch eingemessen, es folgte die genaue Beschreibung, Nummernvergabe und Verortung auf der Skizze. Der Fundzettel wurde mit allen Details ausgefüllt und mit der Keramik zusammen verpackt. Bevor sie jedoch in meinem Werkzeugkoffer verschwand, wurde unserer gemeinsamer Fund nochmal rumgereicht, Archäologie ist ja auch zum Anfassen. Dieses Prozedere wurde ein paarmal wiederholt, bis auch schließlich die Student*innen ihre ersten Versuche mit der water dredge wagten. Alle waren sehr vorsichtig und gewissenhaft, da wir uns in einer wichtigen und interessanten Schicht befanden, ist das auch gut so. Tarierprobleme und eine gewisse Unklarheit in Bezug auf die Schichtverläufe sind am Anfang ganz normal. Die Student*innen stellten sich nicht schlecht an und schienen auch Freude an der Arbeit zu haben.
Nach ca. 60 min neigte sich die Luft in ihren Flaschen dem Ende zu. Wir verabschiedeten uns unter Wasser und ich arbeitete noch ein bisschen weiter. Morgen besucht mich das nächste Buddyteam und ich überlege mir bereits jetzt was ich denn besser machen könnte. Heute beim Abendessen werde ich mir feedback holen und hoffe, dass ich die einzelnen Grabungsschritte verständlich vermitteln konnte. Theoretisches Verständnis ist immer gut, doch „learning by doing“ scheint mir in der Unterwasserarchäologie am geeignetsten zu sein.
(EN) Up close and personal with the first "Underwater Archaeological Field School 2021"
Today the time had finally come for the first official diving excursion with our students from the International Underwater Archaeological Fieldschool 2021. After carefully checking the diving suitability, brevets and of course the equipment, we set off towards Mooswinkel, where we had our own diving center at Pension Mosinger set up for our students. Experienced divers were paired with somewhat inexperienced divers and we started the first test dive in the bay of Mooswinkel - so far so good! Everyone can dive and we didn't have to save anyone from the cold water. But a lot went through my head in advance: how will the students behave at the excavation cut? Will I still be able to work or will the flaps of the fins obscure the whole view? Will someone injure themselves on the Neolithic piles or modern rebars at the excavation cut? How many fins will hit right in the dig area or on my face? And how am I supposed to explain the many work steps and considerations underwater without actually exchanging words?
Since 2015 I have been working as an archaeologist and research diver at the Kuratorium Pfahlbauten and have worked on other underwater archaeological projects before and during that time. My work and approach is already routine and I am used to "multitasking" underwater and visualizing the excavation area and the course of the individual layers. A precise agreement about the individual steps on land is essential, but working under water always brings new challenges and requires quick solutions on the spot. Our students seem very lively, interested and above all motivated, I stay positive.
After the students had familiarized themselves sufficiently with the bay and their equipment, the first buddy team followed me to the excavation area. I waited hovering on the edge of the profile, put my tool case down and showed them what tools and utensils an underwater archaeologist would need: drawing board, camera, ruler, photo ruler, find notes, trowel, net bag to catch the small pieces of material that will get sucked through the water dredge, find bags and boxes, plaques to mark the stakes and lying pieces of wood. I showed them the course of the layers, which mostly look brown on brown and are really difficult to see for the untrained eye, I pointed to the utility pottery and a small stone axe that peeked half out of our cultural layer. With wild gestures I explained the course of the almost 6000 year old bast cord that was recovered here a few days ago and showed how it has swung around the posts. I would only find out on land whether they could understand my interpretations.
Now the work began. I took the water dredge, switched it on and demonstrated its strong suction power and the danger it can pose to your own equipment and delicate finds. Slowly it went to vacuuming the layer, everyone was concentrated, you could only hear your own breathing and the bubbling of the bubbles. After a short time, the first ceramic with incrustations appeared. Now please concentrate: First a photo was taken with a scale, then the find was measured by hand in our grid, followed by the exact description, numbering and location on the sketch. The find slip was filled in with all the details and packed together with the ceramics. Before it disappeared into my tool case, however, our joint find was passed around again, archeology is also tangible. This procedure was repeated a few times until finally the students dared their first attempts with the water dredge. Everyone was very careful and conscientious, as we were on an important and interesting layer, that's a good thing. Taring problems and a certain lack of clarity with regard to the course of the layers are quite normal at the beginning. The students were not doing badly and also seemed to enjoy their work.
After about 60 minutes, the air in their bottles was running out. We said goodbye underwater and I continued to work a bit. Tomorrow the next buddy team will visit me and I'm already thinking about what I could do better. Today at dinner I will get feedback and hope that I was able to convey the individual excavation steps in an understandable way. Theoretical understanding is always good, but “learning by doing” seems to me to be the most suitable in underwater archeology.
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