...aber nicht aufgrund der Kälte, sondern als Schutz!
In der Mitte des Keutschacher Sees (Kärnten) befindet sich eine Untiefe, auf der vor ca. 6000 Jahren eine jungsteinzeitliche Siedlung stand. Sie ist Teil des UNESCO-Welterbes der „prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen“. Dieses bedeutende Denkmal wurde vom Kuratorium Pfahlbauten in den letzten sieben Jahren intensiv überwacht und begutachtet. Es stellte sich heraus, dass durch verschiedene Ursachen eine Erosion, also ein Sedimentverlust auf der Kuppe der ehemaligen Insel stattfindet. Damit gehen die natürliche Schutzschicht über den Pfahlbauten, oder sogar bereits die Reste des ehemaligen urgeschichtlichen Dorfes verloren.
Der Hauptgefährdungsfaktor dieses Unterwasserdenkmals ist der Zander. Zur Laichzeit, vor allem im April und Mai, werden von diesen Fischen zahlreiche Laichgruben angelegt, in dem sie jeweils zwei bis vier Quadratmeter große Gruben freiwedeln. Die erhaltene Kulturschicht als wesentlicher Bestandteil des Unterwasserdenkmals wird dadurch nicht nur freigelegt, sondern mit den darin enthaltenen Pfählen regelrecht abgetragen. Weiters beeinträchtigen Angelaktivitäten den ungestörten Zustand der Welterbestätte. Es wurde klar, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, um diese Pfahlbausiedlung zu erhalten.
Nach der Diskussion verschiedener Schutzmöglichkeiten und der Dringlichkeit erster Maßnahmen, haben wir uns für eine Abdeckung mittels Erosionsschutzmatten entschieden. Diese Matten sollten aber nicht wie früher üblich aus Kunststoff, also Plastik bestehen, sondern auch umweltgerecht sein. Für den Unterwasserbereich gibt es aber bisher kaum Erfahrungen auf diesem Gebiet. Um die verschiedenen Materialien vergleichen zu können, hat das Kuratorium Pfahlbauten im Oktober 2019 eine Testreihe mit vier verschiedenen Erosionsschutzmatten gestartet. Diese Matten – zwei verschiedene Kokosgeflechte, Jute und Naturkautschuk - bestehen aus reinen Naturmaterialien.
Vor der Verlegung der Matten mussten wir den Zustand der abzudeckenden Fläche dokumentieren. Die Testfläche wurde genauestens abfotografiert. Mittels der structure-from-motion-Methode kann so ein exaktes und dreidimensionales Abbild geschaffen werden. Gleichzeit interessierte uns natürlich auch, was sich unter der Oberfläche befand. Mit einem Stechbohrer mit drei Zentimeter Durchmesser wurden drei Bohrungen durchgeführt, die uns Aufschluss über die noch vorhandene Stärke der Kulturschicht gaben. Insgesamt konnte so der Wissensstand über diese Pfahlbausiedlung deutlich erhöht werden.
Die Verlegung der Erosionsschutzmatten ging relativ problemlos vonstatten. Von zwei ForschungstaucherInnen unseres Teams wurden die Matten ausgebracht und mittels kleiner Holzhaften fixiert. Die Ausdehnung der vier Testmaterialien beträgt insgesamt 4 x 10 Meter und erstreckt sich damit auf einer Gesamtfläche von 40 m2.
Das Team bestand aus den beiden erfahrenen ForschungstaucherInnen Esther Unterweger und Markus Hochhold sowie unserem Site Manager aus Oberösterreich, Henrik Pohl. Im kommenden Frühjahr wird eine erste Begutachtung dieses Tests erfolgen. Wir hoffen sehr, dass Angler und Fischer das ausgesprochene Angelverbot in diesem Gebiet einhalten und keine Haken oder Anker durch das Denkmal ziehen. Dies macht – von der direkten Gefährdung der Siedlungsreste einmal abgesehen – auch die getroffenen Schutzmaßnahmen zunichte, da die Matten herausgerissen werden könnten.
Unser herzlicher Dank geht an die Eigentümerinnen des Keutschacher Sees, die Familie Meßner, den Bauhof der Gemeinde Keutschach, der Keutschacher Wasserrettung und dem Obmann des Vereins "Pfahlbauten Seental Keutschach - Freunde des Welterbes“ Peter Zwettler für die tatkräftige logistische Unterstützung.
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