Nun können wir es endlich bestätigen. Ja, in der Flachwasserzone vor dem Naturschutzgebiet Hollereck befand sich vor mindestens 3500 Jahren eine Siedlung.
Seit den 1980er Jahren wurde hier eine Pfahlbausiedlung vermutet, doch konnte sie bisher nicht bestätigt werden. Bereits in den Jahren 1984, 1985 und 1989 wurde die Untiefe durch Taucher:innen des UTC-Wels unter der Leitung von Karl-Heinz Czech und dem Bundesdenkmalamt abgesucht, doch es konnten keine Funde gemacht werden. Dennoch wurde der gesamte Flachwasserbereich unter Tauchverbot gestellt um Beschädigungen durch uninformierte Sporttaucher:innen an einer möglichen Fundstelle zu verhindern. Für weitere Untersuchungen fehlte es dem Bundesdenkmalamt jedoch an Kapazitäten.
Nun widmen sich der Verein ArcheKult, die Universität Innsbruck und das Kuratorium Pfahlbauten der Stelle wieder von Neuem. Diesmal wird in den Seeboden gebohrt und an bestimmten Stellen eine Oberflächenaufnahme durchgeführt. Dafür müssen eingemessene Zonen mit der Hand freigewedelt werden, denn der Boden ist neuerdings flächig mit Dreikantmuscheln überzogen. Diese Muschelart ist nicht heimisch in unseren Gewässern und wurde durch Sportboote in den Traunsee eingeschleppt. Leider setzt sie sich an jedem Stein, jedem Holz und jedem Objekt am Untergrund fest und bilden einen schwarzen Teppich, der das Erkennen urgeschichtlicher Spuren erschwert, die von Haus aus nur dem geschulten Auge ersichtlich sind.
Dreiecke – eine französische Messtechnik unter Wasser
Darum stecken wir unter Wasser entlang unser vier Bohrfluchten Zonen aus, die wir genauer untersuchen. Dafür verwenden wir eine Messtechnik aus Frankreich, die uns letztes Jahr Aliona Troubnikoff, eine Gastforscherin der Universität Lyon bei unseren unterwasserarchäologischen Projekten, angepriesen hat. In den Seen der Jura Gegend werden nämlich unter Wasser Dreiecke für Ausgrabungen ausgesteckt anstatt der bei uns üblichen Quadranten. Diese Technik hat den Vorteil, dass ein:e Taucher:in die Flächen einfach alleine auslegen kann und alle Funde mittels der drei Eckpunkte und einem Maßband unter Wasser leicht eingemessen werden können. Letzte Woche haben wir auf diese Art bereits 15 m² untersucht und diese Woche folgen mindestens weitere 15 m².
Probesondage - eine Mini-Ausgrabung unter Wasser
In einer Zone kommen Pfähle und kleine, unscheinbare, aber für die Einschätzung der Fundsituation wichtige, Keramikfragmente zum Vorschein. Zwischen den Pfählen hat sich in dem Pfostenloch ein Rest von brauner Kulturschicht erhalten und in dem hellgrauen, steinig-kiesigen Sediment wird auch ein dunkles Pfostenloch sichtbar. Hier stand somit mindestens ein Holzbau und es gab Kulturschichtablagerungen, die heute erodiert sind. Nur mehr letzte Spuren haben sich in Vertiefungen erhalten. Um herauszufinden wie tief die Pfähle noch in den Untergrund reichen und wie dick das Sediment ist in dem sich urgeschichtliches Fundmaterial erhalten hat öffnen wir eine kleine Probesondage. Aus den Hölzern und den Sedimenten werden bei diesen Arbeiten Proben genommen, um diese im Labor genauer zu untersuchen. Dadurch können wir die Fundstelle mit naturwissenschaftlichen Methoden genauer datieren lassen.
Neue Entdeckungen bringen neue Fragestellungen
Unsere Untersuchungen haben eine bisher vermutete, aber nicht bestätigte urgeschichtliche Seeufersiedlung für die Wissenschaft neu entdecken können. Doch diese Neuentdeckung bringt auch neue Fragen mit sich. Noch wissen wir nicht, wie lange hier eine Siedlung bestand und mit welchen zeitgleichen Fundstellen wir sie in Verbindung bringen können. Neue Radiokarbondatierungen sollen hier Antworten bringen. Auch die Größe des Siedlungsareals muss noch erschlossen werden. Da die Kulturschichten erodiert sind, erreichen wir diese Information nicht durch Bohrungen. Wir müssen mittels Oberflächenaufnahmen das Areal besser dokumentieren. Doch diese Feinarbeit ist der Job von erfahrenen Forschungstaucher:innen und braucht Zeit, denn die Anzeichen menschlicher Siedlungstätigkeiten sind über die Jahrtausende bereits fast verschwunden und nur mehr sehr spärlich vorhanden. In den zwei Wochen Tauchkampagne versuchen wir, so viel Informationen über die Fundstelle zu gewinnen wie möglich. Diese dienen als Grundlage für die Planung weiterer Untersuchungen, denn eins ist sicher: die Forschungen am Traunsee gehen weiter.
Wer mehr über unsere archäologischen Arbeiten erfahren möchte kommt am besten am 1. Mai zwischen 14:00 und 17:00 Uhr im Ausstellungsraum des Vereins ArcheKult am Ortsplatz 1 in Traunkirchen vorbei. Hier können Besucher:innen ins Gespräch mit uns kommen und uns ihre Fragen direkt stellen. Wir freuen uns über Besuch!
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