Der Verein Freunde der Archäologie in Attersee wird im April 2019 einen handwerklichen Schwerpunkt setzen. Mit dabei auch das Thema Textilien, eines meiner Forschungsgebiete, mit dem ich mich sowohl in der Forschung als auch ganz praktisch durch Experimentelle Archäologie auseinandersetze.
Anne Reichert, eine der Spezialistinnen für Textiltechnologien der Pfahlbauern – also Korb- und Mattenflechtereien und Zwirnbindung –, wird einen Workshop abhalten, bei dem man dem handwerklichen Geschick unserer Vorfahren nachspüren kann. In einem Vortrag werde ich dann ein paar Fakten zur textilen Handwerkskunst in der Steinzeit beisteuern. Die Erfindung der wesentlichsten Techniken des textilen Handwerkes, die wir zum großen Teil noch in heutiger Zeit anwenden, reicht weit zurück bis in die Steinzeit.
Es sind aus dem österreichischen Neolithikum eine Vielzahl an archäologischen Hinterlassenschaften zum Themenkomplex Textile Techniken bekannt, die nicht nur – wie üblicherweise angenommen – das Spinnen und Weben umfassen. Neben Kleidungsstücken (auch Schuhen und Hüten) wurden in der Jungsteinzeit Gegenstände des täglichen Bedarfs hergestellt, etwa Matten, Körbe, Siebe u. dergleichen. Dazu wurden sowohl Flecht- als auch Zwirntechniken verwendet.
Für mich persönlich ist vor allem die Kleidung von Ötzi – dem Mann aus dem Eis sehr interessant. Es ist ein Nebeneinander von Gewandstücken aus Leder, Fell und Pflanzenfasern verschiedener Art: Leggings, Durchziehschurz, ein aus verschiedenfarbigen Fellstreifen zusammengesetztes Oberteil, eine Bärenfellmütze, einen Umhang aus Baumbast und Schuhe, die mehrschichtig aus Fell, Bastgeflecht und Heufütterung zusammengesetzt sind. Die Eismumie wurde mit ihrer Kleidung und vielen Ausrüstungsgegenständen im Jahr 1991 in den Ötztaler Alpen an der Grenze zwischen Italien und Österreich gefunden und ist seitdem eine weltweit beachtete Sensation. Ötzi starb vor ca. 5250 Jahren am Ende der Jungsteinzeit. Er wurde ca. 45 Jahre alt.
Prähistorische Mumien sind insgesamt sehr selten und meistens sind es auch Bestattungen. Die Kleidung, die diese Mumien dann mithaben, sind dann oft nicht alltäglich getragene Kleidungsstücke, sondern besonders ausgewählte. Der Mann aus dem Eis ist aber ein Mensch, der bei einer Alpenüberquerung ums Leben gekommen ist – er wurde sozusagen während einer alltäglichen Betätigung „aus dem Leben gerissen“. So ist seine ganze Kleidung auch definitiv eine, die von den Menschen dieser Zeit auch im Winter bzw. für einen Gang ins Hochgebirge getragen hat. Das allein macht ihn für die Wissenschaft schon so bedeutsam!
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