Als ich die Conference on Cultural Heritage and New Technologies (CHNT) der Stadtarchäologie Wien im November 2015 zum ersten Mal besuchte, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich schon 2017 ein Mitglied des Scientific Commitee sein würde. Ich hätte genau genommen nicht einmal gedacht, dass ich seither regelmäßig an dieser Tagung teilnehmen und einen Workshop oder eine Session anbieten würde. Das war deshalb nicht naheliegend, weil ich eigentlich keinen IT-Fokus in der Archäologie habe. Ich bin neben meinem Abschluss als Klassische Archäologin und meiner Erfahrung als Leiterin von Ausgrabungen - die mit Klassischer Archäologie bislang herzlich wenig zu tun hatten -, vor allem eines: Kommunikationsexpertin. Im Kuratorium Pfahlbauten bin ich unter anderem dafür zuständig, nationale Pressearbeit zu machen, strategische PR-Konzepte zu entwickeln, unsere Online-Kanäle zu bespielen und mich um das Community Management in Oberösterreich zu kümmern. Daneben wirke ich auch an der Organisationsentwicklung mit, wofür ich außer meiner Erfahrung in der Personalführung und im Projektmanagement erstaunlich viel Wissen aus meiner PR-Ausbildung benötige.
Der transnationale Charakter unseres Welterbes liegt mir besonders und natürlich ist mir dieser Aspekt auch an der CHNT besonders sympathisch. Ich mochte das schon immer, weil man dabei mit so unterschiedlichen Menschen zusammenkommen und neue Blickwinkel und Arten zu Denken kennenlernen kann. Ich bin eine leidenschaftliche Querdenkerin und versuche nicht umsonst, jene Techniken und Werkzeuge, die es in der professionellen Kommunikation im Bereich der Wirtschaft gibt, auf die Bedürfnisse archäologischer Denkmäler zu übertragen. Auch das passt, glaube ich sehr gut zur CHNT. Die Tagung, das wurde mir schnell klar, ist nicht nur eine sehr internationale, sondern auch durch ein gewisses Revoluzzertum geprägt. Das mag an ihrer Entstehung liegen, denn die CHNT wurde vor 22 Jahren von Menschen ins Leben gerufen, die sich damals mit Computern in der Archäologie befassten und damit ziemlich alleine auf weiter Flur waren.
Mir geht es heute recht ähnlich, denn auch das, was ich machte, ist etwas, das nur wenige in unserem Fach tun und zugleich etwas, das die Zukunft der Archäologie entscheidend prägen wird: Die Professionalisierung unserer Interaktion mit der Öffentlichkeit. Neben den Pfahlbauten beschäftige ich mich vor allem mit Hallstatt, das nicht nur ein außergewöhnlicher Fundort ist, sondern auch das österreichische Paradebeispiel für eine Kommunikationskrise im Denkmalschutz. Über Hallstatt habe ich 2015 meinen ersten Vortrag bei der CHNT gehalten. Ich weiß noch gut, wie sehr mich der Call damals überrascht hat. Es war der erste archäologische Call, der mit bis dahin untergekommen war, der das Wort Stakeholder beinhaltete – ein Fachbegriff, den ich aus der PR nur zu gut kannte und der im Zentrum meiner Arbeiten um Hallstatt stand und steht.
Gerade in diesem Jahr zum Scientific Commitee gestoßen zu sein, ist für mich eine besondere Herausforderung, denn die CHNT steht vor einem großen Wandel. Lange Jahre konnte und musste sie sich auf die Entwicklung und erste Anwendung neuer Technologien konzentrieren. Man hat sich miteinander ausgetauscht und versucht, gemeinsame Lösungen zu finden. Heute sind, wie David Bibby es ausgedrückt hat, zunächst einmal keine großen Neuerungen mehr zu erwarten. Er hat die Frage gestellt, was denn die CHNT nun als nächstes machen möchte, worauf sie sich fokussieren will. Nachdem David mich als seine Nachfolgerin vorgeschlagen hat, fühle ich mich in besonderer Weise verpflichtet, diesem Gedanken meine Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen.
Ich habe in den letzten Jahren den Eindruck gewonnen, dass die modernen Tools mit ihren fast grenzenlosen Möglichkeiten nur selten eine solide theoretische Basis aus der Vermittlung haben. So sind zum Beispiel Apps, bei deren Entwicklung merklich eine intensive Auseinandersetzung mit Vermittlungstheorien - wie Vermittlungsdiskursen oder Vermittlungsmethoden - stattgefunden hat, in der großen Masse des Angebotenen eine Rarität. Meiner Meinung nach wird es Zeit, dass wir uns verstärkt der Fragen annehmen, wie wir diese Tools bestmöglich einsetzen. Was genau es braucht – abgesehen von der Technik -, damit sie ihrem Zweck bestmöglich gerecht werden können.
Ich habe den Eindruck, dass wir manchmal ganz vergessen, was wir mit diesen Dingen eigentlich erreichen wollten und stattdessen den Tools selbst die größte Aufmerksamkeit schenken. Aus diesem Grund werde ich auch gemeinsam mit Karina Grömer vom Naturhistorischen Museum in Wien eine Session für die CHNT 2018 einreichen. In „Digital versus Analog - Advantages and Disadvantages in Archaeological Reconstructions and Presentations“ würden wir gerne diskutieren, für welche Aspekte welche Devices aus der Sicht des Vermittlungszieles besser geeignet sind und ein paar Best und Worst Practice Beispiele zusammentragen.
Ich hoffe sehr, dass unsere Session vom Scientific Commitee angenommen wird und wenn ja, dass wir genügen Menschen, finden werden, die ihre Erfahrungen und Gedanken dazu mit uns teilen wollen. Beides wäre nämlich ein Indikator dafür, ob es tatsächlich eine Chance gibt, dass sich die Konferenz in diese Richtung weiterentwickeln kann und will.
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