Als Braumeister einer kleinen regionalen Brauerei am Attersee beschäftige ich mich bereits seit einiger Zeit mit der Frage, wie wohl ein Bier in prähistorischer Zeit geschmeckt haben könnte. Oder sagen wir besser die ersten Interpretationen eines Bieres, schließlich wussten die damaligen „BrauerInnen“ wahrscheinlich noch nicht genau, was welchen Einfluss hat. Wir wissen, dass man die Eigenschaften von Hopfen in der Pfahlbauzeit definitiv noch nicht für Brauzwecke erkannte und wertschätzte. Das Bier kann daher noch nicht die harmonische Bittere gehabt haben, wie wir es heute von einem schlanken Pils erwarten würde.
Klar war aber, dass Getreidesorten wie Gerste, Einkorn und Emmer kultiviert wurden. Geht man davon aus, dass ein Teig oder Brei in Tongefäßen gelagert auch dem Regen ausgesetzt war, begann dieser zu gären und ein leicht alkoholisches Getränk entstand. In Russland ist bis heute noch ein bierähnliches Getränk mit dem Namen Kwass bekannt, das aus trockenem Brot „gebraut“ wird. So oder so ähnlich stelle ich mir die Entwicklung von Bier in der Stein- und Bronzezeit vor. Also der unmittelbare Zusammenhang zum Brotbacken, daher auch der Begriff „flüssiges Brot“.
Bier ist ein fermentiertes Getreidegetränk. Es muss also Getreide angebaut werden. Hopfen kannte man nicht und Hefe, welche die Gärung einleitet, allerdings auch nicht. Jedoch sind Hefen in der Natur allgegenwärtig, ubiquitär. Wir BrauerInnen sprechen da von der sog. obergärigen Hefe. Es wird also unser Brotteig im Tongefäß, wenn er flüssig genug ist, zu gären beginnen. Jedoch werden auch Milchsäurebakterien, die ebenso allgegenwärtig sind, unser Jungbier immer säuerlicher werden lassen. Womöglich hatte man bereits damals Ideen, den Geschmack eines derartigen Bieres mit Kräutern zu verfeinern. Kräuter waren vor der Zeit, als man Hopfen für das Bier verwendete, das gängige Mittel, um den Geschmack und die Haltbarkeit zu verbessern.
Unsere Interpretation des Pfahlbaubieres® ist daher ein dunkles Kräuterbier. Dunkel, weil es die damalige Technologie niemals erlaubt hätte, ein helles Bier zu brauen wie wir es heute kennen. Die Extraktquelle bildet dabei Gerste und Einkorn. Kräuter dienen als Ersatz für Hopfen, jedoch sollen sie reich an Gerbstoffen, Bitterstoffen und ätherischen Ölen sein.
Um trotzdem den heutigen Geschmacksvorstellungen entsprechen zu können, erlauben wir uns, der klassischen Untergärung im Edelstahltank zu bedienen, verzichten auf Säurebildner und füllen es mit üblichem Kohlensäuregehalt ab. Als nicht kommerziellen Versuch planen wir trotzdem parallel eine zweite Interpretation mit spontaner Gärung. Sozusagen ein Modellsud, um zu erahnen, wie ein Bier damals wirklich geschmeckt haben könnte.
In unseren Gedanken unterstützt haben uns Henrik Pohl vom Kuratorium Pfahlbauten, sowie Helga Oeser und Alfons und Gerald Egger vom Verein Pfahlbau am Attersee, für deren Hilfe wir uns herzlich bedanken.
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