Nicht nur um den Mondsee herum ist es dieses Jahr zwischen Weihnachten und Neujahr grün, sondern auch unter Wasser taucht man ein in eine grüne Welt. Niedrige Temperaturen und wenig Niederschlag führen selbst im Mondsee zu sehr guten Sichtverhältnissen von bis zu 8m, die für einen Besichtigungstauchgang in der Station See am 19.12.2015 ideale Bedingungen schufen. Solche Besichtigungstauchgänge sind Teil des Monitoring-Programms, das das Kuratorium Pfahlbauten regelmäßig an den fünf österreichischen UNESCO-Welterbestätten der Prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen durchführt. Ziel ist es dabei, mit einfachen Mitteln Veränderungen des Erhaltungszustandes zu erkennen, um gegebenenfalls rechtzeitig Schutzmaßnahmen ergreifen zu können.
Auf Grund der ungewöhnlich guten Sichtweiten konnte bei der Betauchung am 19.12.2015 eine ausführliche Fotodokumentation der Station See angefertigt werden. Insgesamt war der Zustand der Oberfläche gegenüber dem letzten Tauchgang im Frühjahr 2015 weitgehend unverändert. Es zeigten sich keine Aufwühlungen oder massive Erosionserscheinungen. Um den Fortschritt der Oberflächenerosion besser erkennen zu können, hatten wir dort Erosionsmarker eingebracht. Auch diese zeigten keine gravierenden Veränderungen. Statt einem Abtragen der Oberfläche ließ sich sogar eher eine Tendenz zur Sedimentation feststellen. Eine genaue Ablesung aller Erosionsmarker wird zwar erst im Frühjahr 2016 erfolgen, aber erfreulich war dies natürlich auch ohne genaue Daten schon mal. Im westlichen Bereich der Pfahlbausiedlung, knapp unterhalb des Übergangs zu einer Halde auf 5 m Wassertiefe lagen die Reste eines modernen Fischernetzes, das bisher noch nicht dort gesichtet wurde.
Neben den fünf österreichischen UNESCO-Welterbestätten der prähistorischen Pfahlbauten versuchen wir, auch die im Umfeld liegenden „assoziierten“ Fundstellen mittels Monitoring zu überwachen. Damit sind weitere Pfahlbausiedlungen gemeint, die zwar für das UNESCO-Welterbe nicht als Fundstellen ausgewählt wurden, aber für unsere Forschung darum nicht weniger wichtig sind. Einen Tag nach der Station See habe ich mir deshalb die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Scharfling im Mondsee angesehen. Zuvor traf ich mich mit Thomas Reitmaier in Mondsee, der zuletzt diese Seeufersiedlung genauer untersucht hatte. Von ihm erfuhr ich, wo sich die Station genau befindet, und fragte ihn, ob sie seiner Meinung nach für eine Forschungsgrabung geeignet wäre. Denn auch dieser Fragestellung wollte ich während meines Kontrolltauchgangs in Scharfling nachgehen. Da ich die Pfahlbau-Station Scharfling vorher noch nie betaucht hatte, musste ich zuerst die genaue Lage feststellen. Die Lokalisierung gelang auf einer ausgedehnten Strandplatte in 2-3 m Wassertiefe.
Auffällig war, dass sich nur dort am Ufer entlang ein dichtes Schilffeld zog. Der Seegrund war mit einer dünnen Schlickschicht von ca. 2-3 cm Stärke überdeckt. Darunter befanden sich Schotter- und Kieslagen, die mit der Hand kaum zu durchdringen waren. An drei Probestellen wurde darunter eine dünn ausgeprägte Kulturschicht und Seekreide gefunden. Aus dem Seegrund ragten nur sehr wenige Pfahlköpfe heraus. Insgesamt macht die Seeufersiedlung Scharfling den Eindruck einer gut überdeckten und relativ ungestörten Pfahlbausiedlung.
Eigentlich sollte es uns Archäologen ja nicht überraschen, wenn sich organische Überreste unter Wasser so gut erhalten. Immerhin kennen wir aus dem Mondsee unter anderem fast 6000 Jahre alte Bastschnüre, die in der Station See gefunden wurden. Trotzdem hat es mich berührt, in Scharfling noch das „alte“ Vermessungsschnursystem aus den Vermessungskampagnen, die J. Offenberger in den 1970er Jahre durchführte, vor Ort vorzufinden.
Neuen Kommentar schreiben