Für unsere erste Pfahlbau-Enquete am 27. November 2015 wollten wir etwas Besonderes versuchen. Mit dem gewählten Diskussions-Format - einem inhaltlich nicht festgelegtem Open Space – für unsere Tagung haben wir ein Experiment gewagt. Denn alternative Formen zu Präsentationen mit anschließender Diskussionsrunde oder moderierten Themenworkshops sind in historischen Wissenschaften mehr als exotisch. Umso interessanter und spannender war es deshalb für uns, in der Archäologie ungewöhnliche und neue Wege zu gehen. Gemeinsam mit dem ebenfalls am Freitag gestarteten Histocamp in Bonn war dies unseres Wissens eine der allerersten Open Space-Tagungen in der Archäologie überhaupt. Wenigstens im deutschsprachigen Raum.
Während das Histocamp als Barcamp angelegt war, waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Pfahlbau-Enquete 2015 von uns individuell eingeladen worden (wobei auch Interessentinnen und Interessenten außerhalb dieses ursprünglichen Adressatenkreises willkommen waren). Das lag vor allem daran, dass es uns wichtig war, die Gruppe bereits im Umfeld der Pfahlbauforschung agierender Menschen zu informieren, um sie in die weiteren Entwicklungsprozesse einzubinden zu können. Unter ihnen befanden sich neben Citizen Scientists, Studentinnen und Studenten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen.
Es war uns natürlich schon bei der Planung bewusst, dass der unbekannte Open Space für einige Verunsicherung sorgen könnte und dementsprechend zahlreich waren auch die Nachfragen, die im Vorfeld der Tagung an uns herangetragen wurden. Dass wir für diese Veranstaltung aber diesen offenen und unkonventionellen Weg gehen wollten, lag nicht nur an der Lust zur Innovation, sonder auch daran, dass sich die Pfahlbauforschung hierzulande immer noch im Aufbau befindet und wir ein Format des Mitgestaltens ermöglichen wollten. Wir wollten mit dieser Tagung vorrangig einen Überblick darüber schaffen, wer überhaupt aktuell an dem Thema arbeitet bzw. arbeiten will, welche Projekte es gibt oder geben könnte, welche Institutionen derzeit involviert sind, welche Interessen Citizen Scientists an dem Thema haben und welche Bedürfnisse es bei den Studierenden gibt, die sich für Unterwasserarchäologie interessieren.
Wir selbst kannten den Open Space bereits aus anderen Bereichen und waren uns über den Reiz und das Potential dieser Form eines inhaltlichen Austausches für größere, heterogene Gruppen bewusst. Ob diese Alternative zu einer konventionellen wissenschaftlichen Konferenz aber in unserer Community angenommen werden würde, war nicht so klar. Damit das Experiment auch unter kontrollierten Bedingungen glatt ablaufen konnte, die Gäste sich auf diesen neuen Wegen sicher fühlten und wir selber auch in den Arbeitsgruppen mitarbeiten konnten, wurde von uns ein professionelles Moderatorenteam für den Tag engagiert, das wir vorher mit der besonderen Situation vertraut gemacht haben. Florian Sturm und Bettina Hellein von Begegnungskunst OG haben den Tag sehr gut vorbereitet und begleitet.
Zu Beginn wurde den über 40 Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmern zunächst das Format erklärt und dann wurden die Session-Themen erstellt. Das klappte recht gut und wir merkten bald, dass der Open Space als System der „erweiterten Kaffeepause“ auf Gegenliebe stieß.
In zwei Timeslots fanden dann insgesamt 11 Sessions statt, die am Ende jeweils auf einem Flipchart-Bogen dokumentiert wurden. Die Themen reichten vom Umgang mit ausstehenden Dokumentationen älterer Forschungen, über das Unterwasser-Monitoring, die Möglichkeiten der Förderung von Studentinnen und Studenten bis hin zur Bindung der Menschen in der Region an ihr archäologisches Erbe und zu den Möglichkeiten zielgruppengerechter Rekonstruktionen. Der Output der jeweils ca. 45-60 minütigen Sessions war enorm und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung vom Format sichtlich begeistert. Der Tenor war einstimmig: Wir sollen die Pfahlbau-Enquete bitte wieder veranstalten und zwar im Open Space Format, weil wirklich etwas dabei weiterging und weil tolle Ideen entstanden sind.
Dieses Feedback hat uns ehrlich gefreut und wir werden dieser Aufforderung sehr gerne nachkommen. Unser Dank gilt auch den Kolleginnen und Kollegen des Naturhistorischen Museums Wien und der Universität Wien, die uns bei der Durchführung der Tagung unterstützt haben.