Das Jahresende ist die Zeit, in der man die Ereignisse des Jahres revue passieren lässt. Eines der eindrücklichsten Erlebnisse 2018 war unsere Session bei der CHNT (Cultural Heritage and New Technologies), der „Visual Heritage“-Tagung der Wiener Stadtarchäologie, die im November im eindrucksvollen Ambiente des Wiener Rathauses stattgefunden hat. Die Tagung gibt es seit über 20 Jahren. Sie hat sich seit jeher mit Themengebieten rund um „Archäologie und Computer“ beschäftigt – damals sehr innovativ. Die Jüngeren unter uns werden sich kaum vorstellen können, wie sich archäologische Forschung ohne Computer bzw. nur mit minimalstem Computereinsatz gestaltet hat – beginnend bei der Ausgrabung bis zur Auswertung und Präsentation der Ergebnisse. Die Tagung ist stark international und interdisziplinär und hatte heuer über 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Es lässt sich also wohl kaum sagen, dass sie nicht erfolgreich sei. Wie man hört, soll es sie trotzdem nicht mehr lange geben. Schade, denn das muss man mal schaffen!
Carmen Löws und meine Session dort fand ich jedenfalls beeindruckend: „Digital versus Analogue“. Wir hatten dieses Thema eingereicht, weil wir es wichtig finden, neben all den positiven Seiten, die die neuen Technologien mit sich bringen, auch über die Nachteile zu sprechen - bzw. über die längerfristigen Perspektiven. Gerade für den Bereich Ausstellungen, vor allem Dauerausstellungen von großen Museen, ist es eine Herausforderung, die richtige Balance zu finden zwischen den gerade modernen neuesten Technologien und Visualisierungsmethoden, die aber dann eventuell bereits nach wenigen Jahren veraltet sind, und eher „konservativeren“ Technologien – die aber länger Bestand haben. Auch Support und Wartung sind ein wichtiges Thema, dem oft nicht genügend Raum, Zeit und auch die nötigen Geldmittel gegeben werden.
Ich selbst hatte einen Vortrag mit meinem Kollegen Andreas Kroh von der Geologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums gehalten. Thema waren Bebachtungen zu den Medienstationen in der Dauerausstellung, vor allem die Prähistorische und Geologisch-Paläontologische Abteilung. Wir wollten zunächst einmal den Medienschaffenden einen Einblick geben, wie von Seiten der Ausstellungsgestaltung Entscheidungen für bestimmte Medientechnologien getroffen werden, auch für verschiedene Inhalte und visuelle Gestaltungen.
In beiden Schausammlungen finden sich verschiedene Typen von Medien: konventionelle Bildschirme mit Kurzfilmen oder Animationen in Dauerschleife und Touchscreens, mit denen man vertiefende Informationen abrufen kann oder die auch als Spielstation für Kinder dienten (Dinosaurier-Puzzle). In der Geologischen Schausammlung finden sich auch Bedienstationen mit Steuerrädern um die Erdzeitalter und Plattentektonik zu simulieren und eine Pumpe, mit der man einen Vulkan zum Ausbruch bringen kann. Besondere Medienstationen der Prähistorischen Abteilung sind ein Kinectsystem zur Navigation durch steinzeitliche Höhlen sowie eine virtuelle Verkleidungsstation, bei der man 20 verschiedene Gewänder von Bronzezeit bis Frühmittelalter für Männer, Frauen und Kinder „virtuell“ anziehen kann, indem man sein Gesicht in das Bild projizieren und das dann per Mail nach Hause schicken lassen kann.
Für eine kritische Betrachtung dieser Medienstationen haben wir im Vorfeld der Tagung zahlreiche Beobachtungen in den Ausstellungsräumen des NHM machen können. Dies ist vor allem einer Praktikantin zu verdanken. Sophie Plass studiert Elementarpädagogik und war daher recht bewandert darin, wie solche Beobachtungen aussehen müssen, damit sie aussagekräftig sind.
Sie fand unter anderem heraus, dass die verschiedenen Medienstationen von unterschiedlichen Besuchergruppen verwendet werden (Familien, Kinder, Einzelpersonen) und dass die Besucher des Museums manche der Medienstationen nicht korrekt benützen. Oft betätigen die Besucher einfach nur ein paar Knöpfe, warten aber nicht ab, die entsprechende Information auch zu erhalten. Besonders überrascht hatte uns, dass die Besucher im Durchschnitt nur zwei bis drei Minuten an den Stationen verweilen, und zwar unabhängig davon, wie viel es an der Station zu sehen oder lernen gibt. Das ist eine wichtige Information für alle, die Medien für Ausstellungen gestalten. Zu lange Texte oder Animationen sind kontraproduktiv.
Die anderen Beiträge in dieser Session waren ebenfalls sehr spannend und auch die zahlreichen Diskussionen im Anhang.
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