5:30 Uhr, was für eine ungewöhnliche Uhrzeit für uns, um an einem Samstag schon wach zu sein. Aber es lohnt sich! Denn wir machen uns gerade auf den Weg nach Seewalchen am Attersee, wo schon die Mitglieder des Vereins „Pfahlbau am Attersee“ auf uns warten. Heute geht es nämlich gemeinsam nach Slowenien, auf zweitägige archäologische Exkursion.
Fast 40 Teilnehmer:innen haben sich versammelt und starten – müde aber freudig – in die Reise, deren erste Etappe immerhin vier Stunden dauert. Aber so eine Busfahrt bietet ja auch vielfältige Gelegenheit zum Lesen, dösen, plaudern, kennenlernen und Neuigkeiten austauschen. Wir merken schnell: diese Reisegruppe ist erfahren und eingespielt, alle wissen wie es läuft, sind tiefenentspannt und freuen sich auf die gemeinsamen Tage.
Auf dem Weg sammeln wir noch einen Teilnehmer aus Mondsee und unsere beiden Site Manager auf. Damit ist das gesamte Team des Kuratorium Pfahlbauten an Board – auch für uns eine seltene Gelegenheit, uns mal nicht nur online zu sehen. So fliegt die Zeit vorbei, wie die malerisch herbstliche, nebelige Landschaft.
In Ljubljana angekommen, hat sich noch leichter Nieselregen zum Nebel gesellt, der die Laune beim kurzen Stadtspaziergang nicht trübt, jedoch die Fernsicht bei der Auffahrt auf die Burg doch erheblich einschränkt. Auch vom Aussichtsturm aus sieht man nicht wesentlich mehr, doch der Blick über die historische Altstadt allein lohnt den Aufstieg. Von den vielen kleinen Ausstellungen auf der Burg lassen wir uns keine entgehen und fachsimpeln den ganzen Abstieg in die Altstadt über Vermittlungsmethoden und Präsentationsmöglichkeiten.
Nun wartet aber ein besonderes Highlight auf uns. Wir besuchen das berühmte Rad aus dem Ljubljansko Barje, dem Laibacher Moor, im städtischen Museum, immerhin eines der ältesten Räder im Alpenraum. Zum Glück haben wir nicht nur die gemeinsam mit dem NHM Wien erstellte Rekonstruktion dieses besonderen Fundes zum Anfassen dabei, sondern sogar den absoluten Fachmann auf dem Gebiet Holz: Wolfgang Lobisser, Experimentalarchäologe. Er liefert an der Vitrine die geballte Ladung Fachwissen, während wir uns das Holzrad, die anderen urgeschichtlichen Funde und die museale Präsentation in Ruhe ansehen können.
Nächster Halt: Nationalmuseum! Zwar zwingen uns die Vorbereitungen zum Marathon von Ljubljana zu einem Umweg, aber immerhin sehen wir so noch mehr von der Stadt. Nichtsdestotrotz haben wir genug Zeit, uns die beeindruckende Sammlung und moderne Präsentation der Ur- und Frühgeschichte Sloweniens zu Gemüte zu führen. Ich bin nicht die Einzige, die froh über die Erfindung der Handykamera ist, hätte ich doch allein an der Situla von Vače einen ganzen Film verschossen.
Nach so viel Input sind wohl alle froh, im Hotel anzukommen und den Abend gemütlich ausklingen zu lassen.
Sonntag Früh geht es weiter, pünktlich um halb 8 müssen wir los, damit wir noch aus der Stadt kommen, bevor die Straßen für den Marathon gesperrt werden. Das frühe Aufstehen wird wieder mit stimmungsvollen Herbstbildern belohnt, die Sonne und Nebel auf dem Weg nach Ig, ins Ljubljansko Barje zeichnen. Dort haben wir noch Zeit für einen schnellen Kaffee mit der slowenischen Site Managerin Ana Brancelj, bevor sie mit uns aufbricht, um uns das Laibacher Moor und den neu installierten Lehrpfad über die UNESCO Welterbestätten, das Kultur- und Naturerbe der Region anzusehen. Das Welterbe-Besucherzentrum „Morostig“ besteht aus diesem Lehrpfad, einem rekonstruierten Pfahlbaudorf und dem Vermittlungs- und Interpretationszentrum. Die ganze Anlage steht unter dem Motto „Ein Ort konstanten Wandels und endloser Neuentdeckungen“ und wurde erst vor zwei Jahren eröffnet.
Ganz und gar nicht auf dem sprichwörtlichen Holzweg, aber tatsächlich auf einem Steg, der durch das Moor führt, spazieren wir in die Vergangenheit und lernen alles über das Natur- und Kulturerbe, die Laibacher Pfahlbauten, die Verbindung zu den anderen Welterbestätten, den Naturschutz und bekommen von Ana auch exklusive Einblicke in den Entstehungsprozess der Vermittlung vor Ort.
Nach dem Fußmarsch, bei dem wir die Stimmung und die Eindrücke der Landschaft auf uns wirken lassen können, sind die Hausrekonstruktionen umso eindrücklicher. Mehrere Häuser stehen dicht an dicht am Wasser, einige begehbar und eingerichtet, andere im Aufbaustadium, um auch die Konstruktionsweise deutlich zu vermitteln. Die stimmungsvolle Inneneinrichtung ist wie immer mit viel Interpretation verbunden, die meisten der gezeigten Gegenstände lassen sich allerdings im Fundspektrum der Pfahlbauten belegen und vermitteln den Besucher:innen wertvolles Hintergrundwissen über den prähistorischen Alltag.
Bei der anschließenden Führung von Maša Bratina durch das Vermittlungs- und Interpretationszentrum erfahren wir noch alles über die Forschungsgeschichte und den Naturschutz im Laibacher Moor, zusätzlich kann man sich viel weitere Info über die Pfahlbauten und das Welterbe holen, in einem kleinen Labor verschiedene wissenschaftliche Disziplinen und Methoden testen und ein liebevoll gestaltetes Pfahlbau-Diorama bestaunen.
Voll bis obenhin mit Information treten wir – geschafft aber zufrieden – die Heimreise an. Im Bus wird, wie auf der Hinfahrt, nicht nur Schmäh geführt, sondern auch Kontakte sowie Information ausgetauscht, Ideen gesponnen und über die nächste Exkursion spekuliert.
Wir sind auf jeden Fall gern wieder mit dabei und freuen uns schon darauf!
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