Die oberösterreichische Landesausstellung zu den Pfahlbauten wird verschoben. Nein, wir waren nicht wirklich überrascht, das zu hören. Dass das tatsächlich passieren könnte, darüber waren wir uns schon länger im Klaren. Trotzdem waren auch wir bis zuletzt nicht sicher, ob es nun wirklich so kommt oder nicht. Unsere Arbeit war deshalb in letzter Zeit sehr davon geprägt, jeweils beides zu denken, und dass das nun aufhört, ist für uns eine Erleichterung.
Wir betrachten diese Verschiebung mit gemischten Gefühlen. Wir hätten gerne schon 2020 das ganze Thema in seiner Vielschichtigkeit auch in Österreich gezeigt. Nach der Landesausstellung 2016 in Baden-Württemberg, die ebenfalls unser gemeinsames Welterbe zum Thema hatte, wäre 2020 auch international ein sehr passender Zeitpunkt gewesen. Einen direkten Vergleich mit unseren deutschen Partnerinnen und Partnern hätten wir schon gerne gehabt, zumal wir finden, dass wir in der Vermittlung durchaus was auf dem Kasten haben. Das Pfahlbaubier vom Attersee jedenfalls finden wir schon mal besser.
Außerdem hätten wir gemeinsam mit unseren PartnerInnen auch gerne schon früher als nun 2027 gezeigt, welche Ergebnisse die neuen Forschungen, an denen wir und viele andere mitwirken, gebracht haben. Naja, last but not least hatten wir auch ein wenig Sorge, dass es am Ende auf uns zurück fallen könnte und man vielleicht glaubt, eine Verschiebung sei einem Rückstand in der Forschung geschuldet. Wir sind aber tatsächlich sehr gut im Zeitplan und können guten Gewissens sagen, dass es nicht an uns liegt.
Natürlich sind die zahlreichen Forschungen, die es aktuell zum Thema „Pfahlbauten“ gibt auch – aber nicht nur - der bevorstehenden Landesausstellung in Oberösterreich geschuldet, aufgrund derer sich das Land Oberösterreich erfreulicherweise finanziell an mehreren Projekten beteiligt. Mit Zeitensprung werden wir jedenfalls weitermachen können und die für nächstes Frühjahr angedachte Grabung im Mondsee wird ebenfalls planmäßig stattfinden. Unsere Forschungsaufgaben in unserem Arbeitsalltag sind ebenso wie unsere Mitwirkung an Projekten, wie z. B. BELAVI oder Archaeonomous, ohnehin immer unabhängig von der Oberösterreichischen Landesausstellung gewesen. Gleiches gilt für die Forschungs- und Vermittlungsarbeit in unserem internationalen Welterbe.
Ganz sicher wird es 2027 weit mehr über die Pfahlbauten zu sagen und zu zeigen geben, als 2020. Die Pfahlbauforschung läuft hier nach Jahrzehnten des Stillstandes (und das ist wörtlich zu verstehen!) gerade erst wieder an. Es ist uns selbstverständlich bewusst, dass wir und all die anderen, die an den Pfahlbauten derzeit forschen, unmöglich in nur ein paar Jahren einen Forschungsrückstand aufholen können, der in Jahrzehnten der stiefmütterlichen Behandlung dieses Themas hierzulande entstanden ist.
Ob die Landesausstellung tatsächlich nur wegen der Budgetplanungen verschoben worden sei, wird nun schon wieder heiß diskutiert – online wie offline. Und da sind wir dann bei einem Punkt, der uns schon länger missfällt. Eine Landesausstellung zum Thema „Pfahlbauten“ ist nicht denkbar ohne das UNESCO-Welterbe der Pfahlbauten, welches diese Landesausstellung überhaupt erst ins Gespräch gebracht hat. Das Welterbe wiederum kann nicht unabhängig sein vom Welterbegedanken. Bei einem Welterbe geht es immer darum, die Menschen zusammen zu bringen und nicht, sie zu trennen. Tatsächlich aber gab es in jeder einzelnen Gemeinde zahlreiche Konflikte rund um die Ausstellungsorte, die die Menschen eher getrennt und an ihre Grenzen gebracht haben.
Für uns spielt dabei keine Rolle, wer nun Recht hat und wer nicht. Gemeinsame Lösungen, die von den Menschen gewollt sind und getragen werden, brauchen vor allem eines: ausreichend Zeit. Die Vorstellung, dass mit dem Thema „Pfahlbauten“ künftig etwas verbunden sein könnte, was die Menschen dauerhaft entzweit, ist uns zutiefst zuwider. Die nun längere Zeit der Vorbereitung kann gerade hier endlich Abhilfe schaffen.
Ob aber nun die Menschen noch immer so hinter den Pfahlbauten stehen wie bislang, das ist für uns zurzeit ungewiss. Viele haben sich sehr ins Zeug gelegt und gerade die eben beschriebenen Konflikte werden bei manchen für schlaflose Nächte gesorgt haben. Man hat sich angestrengt und krumm gemacht, damit es auf jeden Fall klappt mit der Landesausstellung. Wir haben das bei so vielen Menschen in der Region gesehen und wir sind sicher, dass wir es gemeinsam auch gut im Jahr 2020 hätten umsetzen können – erfolgreich!
Wir werden nun unsere Aktivitäten auf 2027 ausrichten müssen. Wir werden diese aber nicht reduzieren und ganz sicher schon gar nicht einstellen. Wir werden mit den Menschen, die in der Region am Thema interessiert sind, weiterarbeiten wie bisher und damit unser Welterbe zu den Leuten bringen. Wir werden auch weiter forschen - in den sechs Ländern, die zu unserem Welterbe gehören, in Oberösterreich und sehr bald ganz sicher auch wieder in Kärnten. Und natürlich werden wir unsere Welterbestätten auch weiter schützen, denn wir wissen, wie wertvoll jede einzelne von ihnen ist.
Landesausstellung hin oder her – unsere Pfahlbauten sind ein Welterbe. Das heißt, sie sind nicht mehr und nicht weniger als ein Teil des gemeinsamen Erbes der Menschheit. Diesem sollten wir und alle, die sich mit ihm befassen wollen, gerecht werden – am Ende auch völlig unabhängig von einer Landesausstellung.
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