Wir bohrten und bohrten, doch es fand sich nichts. Zumindest nicht im Flachwasserbereich direkt vor der Spitzvilla. Hier haben wir mit einem Team von drei Forschungstaucher:innen 300 Meter Uferlänge und noch ein paar Querfluchten Richtung Ufer abgebohrt. In den Bohrungen fanden sich nur Seesedimente mit vereinzelten organischen Einschlüssen, welche jedoch keine klare Kulturschicht repräsentieren.
Bei den organischen Resten handelt es sich um Schwemmhölzer, Laub und manchmal Wurzeln von ehemaligem Schilfbewuchs in Seesediment. Sie zeigen, dass der Seespiegel am Traunsee öfter größeren Schwankungen unterlag und beispielsweise der Schilfbewuchs in der Vergangenheit weiter in den See reichte als heute. Radiokarbondatierungen dieser Reste könnten zeigen, in welche Zeitepoche unsere zwei Meter tiefen Bohrungen reichten und wieviel Seesediment sich seitdem in der Bucht Winkl absetzen konnte. Doch den erhofften Siedlungsnachweis können wir damit leider nicht erbringen.
In der Geophysik jedoch zeichnen sich einige spannende Anomalien im Boden ab. Im Garten der Spitzvilla deuten dunkle, kreisförmige Schatten auf mögliche urgeschichtliche Speichergruben hin. Auf einem Feld weiter hinten könnte eine rechteckige Struktur auf ein Grubenhaus hinweisen. Ob es sich dabei wirklich um die erhofften Befunde aus der Urgeschichte handelt, können jedoch nur weitere Untersuchungen klären. Denn wie diese Strukturen datieren, wissen wir durch die geophysikalischen Messungen nicht. Sie geben allerdings den Archäolog:innen wichtige Hinweise, wo sie mit Bohrungen oder Ausgrabungen im Hinterland der Bucht Winkl in Zukunft ansetzen könnten.
Großfläche urgeschichtliche Siedlungsbefunde zeichnen sich demnach nicht in der Bucht Winkl ab. Dafür hätten sich mehr Anomalien in der Geophysik oder Spuren in den Flachwasserbohrungen finden müssen. Trotzdem gehen wir nicht mit leeren Händen nach Hause, denn wir nehmen zwölf Liter Seewasser aus dem Traunsee mit.
Neben unseren Arbeiten unter Wasser bekamen wir nämlich den Auftrag, zwölf Flaschen Mineralwasser innerhalb einer Woche leer zu trinken, denn die dunklen Glasflaschen mussten an unserem letzten Arbeitstag mit Seewasser befüllt werden. Die Anweisung war, die Glasflasche mit Seewasser fünf Mal auszuspülen, dann anfüllen, gut verschießen und mit luftdichtem Band verkleben. Zuletzt wurde die Flasche mit Seewasser noch in Alufolie gewickelt, um den Inhalt vor Licht abzuschirmen. Gut verpackt gehen die Flaschen nun also nach Wien ins VERA (Vienna Environmental Research Accelerator) Labor, wo sie für die Forschung benötigt werden. Es soll nämlich möglich sein, nicht nur organische Reste (Hölzer, Rinde, Blätter, Fruchtsamen, etc.) welche in den Seesedimenten liegen mit der Radiokarbonmethode, sondern auch die Seekreide selbst zu datieren. Das wäre von Vorteil, wenn man Abschnitte in einem Bohrkern datieren möchte in dem sich kein anderes organisches Material befindet.
Um eine genauere Datierung zu erhalten, muss jedoch zuvor der Kohlenstoff (CO2) im Seewasser gemessen werden, um einen „hardwater effect“ auszuschließen. Für die übliche Prozedur werden zwar nur ungefähr 1 mg C benötigt, da wir allerdings noch nicht wissen wieviel Kohlenstoff in einem Liter Seewasser aus dem Traunsee steckt, haben wir lieber mehr als weniger eingepackt. „Wahrscheinlich ist die Probenmenge viel zu groß, aber das ist besser, als nochmal zu fahren. Wir werden an der ersten Flasche eine Testextraktion machen, um zu sehen, wieviel CO2 wir herausbekommen.“, sagt Peter Steier vom Labor VERA. Ob diese Messungen die gewünschten Ergebnisse erbringen, wird sich in einigen Wochen zeigen. Wir freuen uns, dass wir in diesem Punkt nochmal professionell zur Seite stehen konnten, sowohl beim Entleeren, wie auch beim Befüllen der Flaschen.
Und wie geht es jetzt weiter?
Zum einen müssen nun die geophysikalischen Messungen im Detail ausgewertet werden, um Flächen einzugrenzen, in denen weitere Forschungen interessant wären. Zum anderen gab es bereits einige Hinweise auf weitere Buchten am Traunsee, in denen urgeschichtliche Funde gemacht wurden und welche sich als neue Prospektionsorte eignen würden. Es geht also auf zu neuen Ufern.
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