Unter dem Titel „Schafft sich die Öffentlichkeit eine andere Archäologie? Analysen einer Machtverschiebung“ veranstaltete die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF) im Mai 2015 in Tübingen eine Tagung, die sich mit dem Verhältnis von Archäologie und Öffentlichkeit auseinandersetze. Unabhängig von einander haben wir beide dort Vorträge eingereicht, weil das Thema für unsere jeweilige Arbeit wesentlich ist.
Cyril, der mit dem Management des österreichischen Teiles des UNESCO-Welterbes Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen auch die Aufgaben übernommen hat, das unsichtbare Denkmal in der Lebensmitte der Menschen zu verankern, sprach zur Einbindung von Sporttaucherinnen und –tauchern in die unterwasserarchäologische Arbeit. Unter dem Titel „Pirsch unter Wasser - Forschen in Flüssen, Seen und Meeren“ legt er unter anderem seine Überlegungen zu einer Zusammenarbeit mit interessierten TaucherInnen dar, mit deren Hilfe sich unser unter Wasser verborgenes kulturelles Erbe zum Beispiel besser schützen ließe.
Für Carmen, in deren Fokus als Archäologin und PR-Beraterin vor allem die Beziehungen von archäologischen Forschungen zu jenen Menschen stehen, die von diesen Forschungen betroffen sind, war das Tagungsthema besonders interessant. In ihrem Vortrag „Die Stakeholder-Values der Hallstatt-Forschung – Archäologie aus der Perspektive von Öffentlichkeit, Wirtschaft und Politik“ legte sie dar, wie vielfältig die Motive sind, die die verschiedenen Öffentlichkeiten haben können, sich mit Archäologie auseinander zu setzen und dass es dabei äußerst selten vorrangig um den Erwerb von Allgemeinwissen geht.
In weiteren Vorträgen zeigten Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland, England, den Niederlanden, Italien und Österreich auf, welche Erfahrungen, sie in diesem Bereich gemacht haben. Beeindruckende Beispiele von Citizen Science-Projekten, wie etwa die von R. Obst und S. Mayer vorgestellte erfolgreiche Kooperation von Bodendenkmalpflege und Ehrenamt in Bayern, wurden gezeigt. Mit Joachim Weise kam ein Detektorgänger zu Wort, der zeigte, welch großen Beitrag die sogenannten Laienforscher in der Flächenprospektion leisten. Natürlich gab es auch kritische Stimmen, die eine vorsichtige Einbindung der Nicht-Fachleute anmahnten. Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit Interessierten aller Couleur wurde jedoch von niemandem in Frage gestellt. Als Ergebnis der Tagung bleiben die „Tübinger Thesen zu Archäologie“ – ein Thesenpapier, in dem zentrale Aussagen der teilnehmenden Archäologinnen und Archäologen zusammengefasst sind und das wir beide gerne unterzeichnet haben.
Für uns hatte die Tagung in Tübingen aber noch deutlich weitreichendere Konsequenzen, denn streng genommen hat unsere Zusammenarbeit auf dieser Tagung ihren Anfang genommen und deren Charakter damit auch bereits ein wenig vorgeprägt. Eine der Folgen unserer Zusammenarbeit ist nicht zuletzt dieser Weblog, in dem Beiträge von allen willkommen sind, die sich mit dem Thema „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“ beschäftigen – und zwar auch dann, wenn sie eine Meinung beinhalten, die nicht unserer eigenen entspricht. Wir und unser Weblog halten das aus, denn wir sind davon überzeugt, wie es in der ersten der Tübinger These ganz richtig heißt: „Archäologie braucht Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe“.
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