Zu den Pfahlbausiedlungen Österreichs wissen wir noch relativ wenig. Aus Forschungen unserer Nachbarländer in diesem Bereich lässt sich jedoch die Fülle an verborgenen Informationen erkennen.
Die Archäologie beschäftigt sich mit den Hinterlassenschaften des Menschen. Jede Siedlung hinterlässt Spuren, die je nach Bodenbeschaffenheit besser oder schlechter erhalten sind. In feuchten Gebieten wie Mooren, Uferbereichen, Seen, Flüssen und Meeren sind die Erhaltungsbedingungen sehr gut. Durch den Luftabschluss kommt es zu keiner Verwitterung des organischen Materials, darunter fallen beispielsweise Holz, Textilien oder Lebensmittelreste. Wo Pfosten eines urgeschichtlichen Hauses an Landgrabungen nur mehr schemenhaft als Bodenverfärbungen zu erkennen sind, ragen unter Wasser noch ganze Holzpfähle aus dem Untergrund.
Solche außerordentlichen Voraussetzungen sind selten und ermöglichen der Archäologie Schlüsselinformationen über das Leben vor 6000 Jahren zu gewinnen.
Die Forschung kann beispielsweise anhand der Häuseranzahl einer prähistorischen Siedlung die Einwohnerzahl eines Dorfes schätzen. Der daraus errechnete Nahrungsbedarf zeigt wie viel Nahrung produziert werden musste und ob sich das Dorf selbstständig erhalten konnte. Theorien über jungsteinzeitliche Sozialstrukturen können damit aufgestellt werden.
Diverse in der Geschichte des Menschen unbekannte Fragestellungen könnten durch die Erforschung der Pfahlbausiedlungen möglicherweise beantwortet werden.
Die meisten österreichischen Seeufersiedlungen stammen aus der späten Jungsteinzeit (Neolithikum). Sie wurden überwiegend zwischen 4.000 und 3.500 v. Chr. besiedelt, und fallen damit in eine Phase der Menschheitsgeschichte, die auch als Kupferzeit (Chalkolithikum, Äneolithikum) bezeichnet wird.
Manche Pfahlbausiedlungen reichen bis in die Bronzezeit, zwischen 1.800 und 1.500 v. Chr. Die letzten Ausläufer bilden vereinzelte Stationen aus der Eisenzeit von 800 bis 100 v. Chr.
Als älteste Pfahlbausiedlung in Österreich gilt die UNESCO-Welterbestätte im Keutschacher See (Kärnten). Neue Forschungen des Kuratoriums Pfahlbauten und des Oberösterreichischen Landesmuseums wiesen noch weiter zurück reichende Spuren menschlicher Aktivität in der Bucht von Seewalchen am Attersee (Oberösterreich) nach.
archäologische Ergebnisse
Dies ist wahrscheinlich die Frage, die von allen Menschen, die zum ersten Mal mit dem Phänomen der Pfahlbaukulturen in Kontakt kommen, am häufigsten gestellt wird. Man muss hier von vielen unterschiedlichen Beweggründen ausgehen.
Ein möglicher Grund könnten die relativ guten Bedingungen für das schnelle Errichten der Häuser gewesen sein. Die Uferplatten der Seen waren bewuchsarm und so konnte man ohne langwierige Rodungsarbeiten mit dem Errichten von Bauwerken beginnen. Die angespitzten Pfähle lassen sich in dem feucht-lockeren Seesediment relativ gut einschlagen bzw. „festrütteln“. Auf diese Weise konnten die bereits gerodeten Flächen in den Waldgebieten für Ackerbau und Viehzucht genutzt werden.
Auch Handel über das Wasser ist ein denkbarer Beweggrund, um sich einen Lebensraum auszusuchen, der im Winter von der Gefahr von Eisstößen, im Sommer durch die Plage von Stechmücken und überhaupt von regelmäßigen Hochwassern geprägt ist. Da man in der Jungsteinzeit von einer mehr oder weniger flächendeckenden Bewaldung im voralpinen Raum ausgehen muss, boten sich die Flüsse und Flussverläufe, sowie die Seen sicherlich als Handelswege an. Mit Einbäumen, die ausserhalb Österreichs aus der Jungsteinzeit bereits vielfach gefunden wurden, konnte man auch bequem größere Strecken zurücklegen und zwischen den Dörfern am See Waren austauschen.
In der Archäologie gibt es einige verschiedene Datierungsmethoden, die je nach Fundstelle oder Objekt unterschiedlich gut anwendbar sind. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen relativen und absoluten Datierungsmethoden.
Bei der relativen Datierung kann lediglich ausgesagt werden ob eine Fundstelle, ein Objekt oder eine Bodenschicht älter oder jünger als etwas anderes ist. Hierzu zählen vor allem die Stratigraphie, also die Beobachtung der Bodenschichten, und die Typologie, die zeitliche Einordnung bestimmter Fundtypen, Dekorelemente etc.
Die absolute Datierung kann mit Hilfe naturwissenschaftlicher Methoden mehr oder weniger genau das Alter eines Objektes feststellen. Bei der Jahresringdatierung, der sogenannten Dendrochronologie, lässt sich mitunter das Fälljahr eines Baumes, manchmal sogar die Jahreszeit genau bestimmen. Die guten Erhaltungsbedingungen der Pfahlbaufundstätten im Wasser sorgen dafür, dass viele für diese Methode geeignete Hölzer gefunden werden können.
Die Radiokarbonmethode, oder auch 14C-Datierung, ist eine Möglichkeit zur Altersbestimmung von organischen Materialien. Hölzer, Pflanzenreste, Knochen, Textilien und dergleichen können dabei mit einer Ungenauigkeit von ungefähr 50 Jahren zeitlich bestimmt werden.
Zu Beginn der Besiedlung der Alpenseen befand sich um die Seen weitgehend nur Wald, Gebirge und Sumpflandschaften. Die heutige ausgeprägte Weide- und Ackerlandschaft gab es damals noch nicht. Freie Flächen für die Landwirtschaft mussten sich die Menschen erst mühsam erarbeiten. Durch das Eingreifen der Siedler:innen kam es zu Rodungen und zur Schaffung von Acker-, sowie Weideflächen. Pollenanalysen zeigen ab der Bronzezeit einen starken Rückgang der Wälder auf. Sie belegen die Veränderung der Umwelt durch den Menschen.