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ab in die Tiefe… - Die zweite Woche der Unterwasser-Ausgrabung in Seewalchen

15. Oktober 2015

...aber nicht in die Tiefen des Attersees. Zum Glück befinden sich die ehemaligen jungsteinzeitlichen Dörfer auf den flachen Strandplatten und damit im Attersee nicht tiefer als zwei bis drei Meter unter der Wasseroberfläche. "Ab in die Tiefe" heißt es für unsere grabenden Forschungstaucherinnen und -taucher in Seewalchen, die sich jetzt Schicht für Schicht durch die verschiedenen Sedimente und menschlichen Hinterlassenschaften arbeiten. In einer modernen unterwasserarchäologischen Ausgrabung kann  man nämlich genauso genau, also schichtweise graben wie auf dem Land. Wir benutzen sog. water dredges   (Unterwasserstaubsauger), um die abgedeckten Sedimentschichten absaugen zu können. Anschließend wird alles genau dokumentiert. Nur so ist ein genaues Verständnis der archäologischen Befunde möglich. Unsere Hauptwerkzeuge zum Dokumentieren sind vor allem der Bleistift, der zum Glück unter Wasser sehr gut schreibt, und eine gute Unterwasserkamera. In Kooperation mit der Firma crazy eye aus Wien testen wir erfolgreich die Anwendung von „structure from motion“ (Anmerkung der Redaktion: Auf den Blogpots von Ronny Weßling, in dem er dieses Verfahren erklärt, darf man sich freuen) unter Wasser aus. Wir können mit dieser Methode Gesamtansichten und 3D-Modelle unsere Ausgrabung  gewinnen, wie sie sonst kaum möglich wären.

Inzwischen haben wir den achten Tag unserer Grabungskampagne erreicht und sind erfreulich gut vorangekommen. Auf einer Fläche von ca. zwölf Quadratmetern haben wir die Deckschichten entfernt und die darunter liegende Kulturschicht freigelegt. Diese Kulturschicht besteht in der Hauptsache aus organischem Abfallmaterial der damaligen Dorfbewohner. Enthalten sind z. B. Keramikbruchstücke, Steinwerkzeuge, Holz in jeglicher Form, Haselnüsse, Knochen. Erstaunlicherweise konnte schon die dritte Pfeilspitze aus unserem relativ kleinen Grabungsbereich geborgen werden. Bisher deuten alle unsere Funde darauf hin, dass die von uns ergrabene Kulturschicht zur Mondsee-Gruppe gehört, also von einem jungsteinzeitlichen Dorf stammt.

„Tiefer graben“ heißt im übertragenen Sinne aber auch, nicht nur an der Oberfläche zu schauen und einzelne Funde zu bergen, sondern alle Methoden der modernen Unterwasserarchäologie einzusetzen. Dabei spielen die Naturwissenschaften eine immer größere Rolle. So lassen wir zum Bespiel die Kulturschichten in Laboren untersuchen, um Aussagen zu verwendeten und angebauten Pflanzen zu gewinnen. In den nächsten Tagen werden wir alle in unserem Grabungsschnitt befindlichen Holzpfähle beproben. Diese Hölzer werden an der Universität für Bodenkultur Wien mittels der Dendrochronologie untersucht. Damit lässt sich nicht nur die Holzart bestimmen, sondern vor allem, wann genau dieser Pfahl geschlagen wurde.  Für uns Archäologinnen und Archäologen ist dies eines der wichtigsten Hilfsmittel, um genauere Aussagen zum Alter und Aussehen der verschiedenen urgeschichtlichen Dörfer machen zu können. Was wir damit über die Siedlung Seewalchen I erfahren, werden wir in der Landesausstellung „ versunken – aufgetaucht. Leben und Bauen am Wasser“ präsentieren.

Zugehöriges Projekt


Forschungen in den Seeufersiedlungen in Attersee und...

Henrik Pohl ist als Site Manager des Kuratoriums Pfahlbauten in Oberösterreich für das UNESCO-Welterbe der Prähistorischen Pfahlbauten zuständig.

Freigelegte Kulturschicht (braun) und Pfähle im Grabungsschnitt in Seewlachen I. (Bild: H. Pohl - Kuratorium Pfahlbauten)
Freigelegte Kulturschicht (braun) und Pfähle im Grabungsschnitt in Seewlachen I. (Bild: H. Pohl - Kuratorium Pfahlbauten)
Unsere Forschungstaucherin Claire Ries bei der Arbeit unter Wasser. (Bild: H. Pohl - Kuratorium Pfahlbauten)
Unsere Forschungstaucherin Claire Ries bei der Arbeit unter Wasser. (Bild: H. Pohl - Kuratorium Pfahlbauten)
Unser Forschungstaucher Stefan Dziwis (Bild: H. Pohl - Kuratorium Pfahlbauten)
Unser Forschungstaucher Stefan Dziwis (Bild: H. Pohl - Kuratorium Pfahlbauten)
Vom Sprungturm im Strandbad Seewalchen aus kann man den Taucherinnen und Tauchern bei der Arbeit zuschauen. (Bild: H. Pohl - Kuratorium Pfahlbauten)
Vom Sprungturm im Strandbad Seewalchen aus kann man den Taucherinnen und Tauchern bei der Arbeit zuschauen. (Bild: H. Pohl - Kuratorium Pfahlbauten)
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Das Kuratorium Pfahlbauten wurde im Jahr 2012 von Bund und Ländern ins Leben gerufen, um den österreichischen Teil des internationalen UNESCO-Welterbes „Prehistoric Pile Dwellings around the Alps“ stellvertretend für die Republik Österreich zu betreuen.

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